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Berlin: Der letzte Akt im Palast

Für das Kunstereignis „Der Berg“ wird auch der Große Saal geöffnet

Im Halbdunkel des Palastes der Republik wächst ein Berg – man muss es glauben, was uns Amelie Deuflhard, die künstlerische Leiterin der Installationen in dem Geisterhaus, erzählt. Ab 4. August kann „Der Berg“ besichtigt, begangen und bestiegen werden. Was man heute mit einiger Fantasie gerade noch erahnen kann – nächste Woche soll es zum Ereignis werden: Eine Installation aus 10 000 Kubikmetern Baugerüst, bespannt mit 5000 Quadratmetern weißem Kunststoff. Derzeit bauen 70 Handwerker und 45 Studenten an diesem weißen Schloßplatzberg. Der schwingt sich vom einstigen Eingangsbereich (neben der Gläsernen Blume, von der nurmehr ein Stahlstängel aus dem Betonfußbogen ragt) bis unters Dach, ist mit Durchgängen versehen und so geartet, dass man denken könnte, der weiße Vulkan sprengt den ganzen Laden in die Luft.

Gestern, zur Pressekonferenz, war nur ein Hügel zu sehen, ein Zehntel der 44 Meter Höhe vielleicht, mehr Berg–Bau als Bergpanorama. Aber es gab Erklärungen, was er will und soll, der Berg im Volkspalast: Hier entstehen Bilder einer Berliner Zukunft, die anders aussehen könnte als ihre schlecht nachgebaute Vergangenheit wie das Schloss. Im Erwandern und Besteigen sollen die Besucher ihren Horizont erweitern können, um am Ende bereit zu sein, dem Ort zu einer neuen Symbolik zu verhelfen. Der abgewrackte Palast trägt, sagt einer der Künstler, eine unschuldige, aber gefährliche weiße Weste. Die Kunst muss erwandert werden. Es gibt (für sechs Euro Eintritt) den Rundwanderweg, der sogar an der Außengalerie am Ufer der Spree entlang- führt und dann im Haus zahlreiche Kunst-Orte berührt, Installationen, Entwürfe zum Schloßplatz, Visionäres zur verkommenen Zukunft des Palastes. 13Euro zahlt, wer Aufstiege plant, zum Beispiel auf dem Pilgerweg, bei dem er einer „Bergpartei“ begegnet, die gern in den Bundestag möchte, oder beim Philosophenweg, wo einem ein „nekromantisches Karaoke“ von Moritz Rinke begegnet, also – Kunst in allen Sälen.

Harte Realität ist ein Gang durch den Großen Saal: Zum ersten Mal darf er über eine vier Meter hohe Stahlbrücke betreten und durchmessen werden; Architekt Manfred Prasser war zur Stelle und kämpfte wortreich um seine „weltweit einmalige Schöpfung“, die genau das Gegenteil von einer Ruine sei, nämlich „der leistungsfähigste Rohbau, den es zur Zeit in Berlin gibt“. Die riesigen Stahlträger und Emporen seien ein „monumentaler Vorschlag gegen das politische und wirtschaftliche Vergehen“, dieses Produkt deutscher Ingenieurbaukunst zu verschrotten, ohne eine bessere Lösung als eine Rasenfläche zu bieten. Eine Wiese sei kein tragbarer Grund, dieses Haus abzureißen, sagen die Initiatoren. Und sie geben bis zum 26. August jedem die Chance, dem Palast der Republik für immer Ade zu sagen – bevor der Abriss Ende des Jahres beginnt. Wenn alles nach Plan gehen sollte.

Der Berg, 4. bis 26. August, 11 bis 13 Uhr, Eintritt 6 oder 13 Euro.

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