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Berlin: Der mysteriöse Tod im Gleisbett

Ein Paar aus Friedrichshain starb auf dem Bahnhof Bellevue – dort wurde schon mal ein Mensch überfahren

War es ein tragisches Unglück, ein Selbstmord oder vorsätzliche Tötung? Nachdem am Dienstag ein Paar nach einem Streit auf dem S-Bahnhof Bellevue auf die Gleise geriet und von einem Zug getötet wurde, ermittelt die Kriminalpolizei die Hintergründe. Gestern wurden die Leichen obduziert. Die Ermittler hoffen nun, über die weiterhin anstehenden Zeugenbefragungen mehr über die Hintergründe zu dem Fall zu erfahren.

Der 22-jährige David T. und seine 24 Jahre alte Freundin Inga H. hatten sich gegen 11.20 Uhr auf dem östlichen Teil des Bahnsteiges lautstark gestritten. Zwischen beiden kam es dann zu einem Gezerre. Ein Bundespolizist, der privat unterwegs war, beobachtete, wie David T. seine Freundin in Richtung Gleisbett gezogen haben soll. Beide stürzten in das Gleisbett und wurden trotz einer Notbremsung des S-Bahn-Fahrers vom Zug überrollt.

Aus Rücksicht auf die Angehörigen der Opfer hat die Kripo sich am Mittwoch mit persönlichen Details zu den beiden Toten zurückgehalten. Bekannt ist aber, dass David T. und Inga H. seit mehreren Monaten ein Paar waren und beide in Wohngemeinschaften in Friedrichshain lebten. Der gelernte Tontechniker jobbte als DJ in Berliner Clubs, seine Freundin soll Literaturwissenschaften an der FU studiert haben.

„Wir sind mittendrin in der Befragung der Zeugen, ob einer den anderen vorsätzlich ins Gleisbett gezogen hat oder ob es ein Unglück war“, sagte der stellvertretende Leiter der 3. Mordkommission, Thomas Kasbaum. Wie S-Bahn-Sprecher Gisbert Gahler sagte, werde auch die Aufsicht am Bahnhof Bellevue von der Polizei zu dem Vorfall als Zeuge befragt. Ob dieser S-Bahn-Mitarbeiter, der für die Abfertigung der Züge zuständig ist, überhaupt etwas von dem Streit des Paares mitbekommen hat, wollten weder die Kriminalpolizei noch S-Bahnsprecher Gahler kommentieren.

Hätte der Zugabfertiger die Situation beobachtet und als gefährlich eingeschätzt, wäre es seine Aufgabe gewesen, einzuschreiten. Im Frühjahr 1999 war ebenfalls auf dem S-Bahnhof Bellevue ein Betrunkener auf die Gleise geraten und von einem Zug getötet worden. Daraufhin wurden die Zugabfertiger wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen angeklagt. Einer der Zugabfertiger hat – obwohl ihn eine Passagierin auf den Betrunkenen auf den Gleisen aufmerksam gemacht hatte – das Gleis nicht gesperrt, sondern einen Zug abgefertigt.

Doch wie es bei der Polizei hieß, sei diesmal der Streit zwischen dem Paar urplötzlich derart eskaliert. Der 45-jährige Zugführer hatte den Streit als „harmlose Kabbelei“, wie es hieß, eingeschätzt. „Der Mitarbeiter steht unter Schock und wurde vom Dienst freigestellt. Geplant ist, dass er am Donnerstag wieder arbeitet“, sagte S-Bahnsprecher Gahler.

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