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Eleganz und Tempo. Den neue Audi S8 treiben 571 PS in 3,8 Sekunden von 0 auf 100.

© Audi AG

Der neue Audi S8: Härtetest mit Katastrophenfilm

Als Luxuslimousine mit Sportwagenmanieren ist der neue Audi S8 auch für ungewöhnliche Fahrerlebnisse gerüstet.

Hier drinnen im Wagen ist’s ja gemütlich, aber draußen ist die Hölle los. Hulk, das grüne Monster, zerlegt gerade die Welt, unterstützt von anderen fiesen Ungeheuern. Gewaltige Explosionen, wohin man auch blickt, einstürzende Neubauten, der blanke dröhnende Horror. Und wenn auch kein Betonbrocken unser Fahrzeug trifft, wir geschützt in bequemen Ledersitzen mit gutem Seitenhalt sitzen, das Multifunktionslenkrad fest in der Hand – der Wagen wird doch durch die Detonationen kräftig durchgerüttelt, bockt und schüttelt sich wie ein noch nicht zugerittener Mustang. Nein, solch eine Höllentour möchte kein Autofahrer je erleben.
Muss er ja auch nicht, schon gar nicht im neuen Audi S8. War doch alles nur Spaß, eine kleine Showeinlage bei der Präsentation des sportlichen Ingolstädter Flaggschiffs, arrangiert vor der Masia Casa del Mar im katalonischen Sant Pere de Ribes, Zwischenstation für die Testfahrten südwestlich von Barcelona: Der kurze, auf einer Videowand vor dem Wagen ablaufende Katastrophenfilm war irgendwie mit dessen Aktivfahrwerk verbunden worden, auf dass dieses auf das Tohuwabohu reagiere und so zeige, wozu es technisch in der Lage sei, wie weit jedes Rad blitzschnell hochgezogen oder nach unten gedrückt werden kann.

Höllentour im Fahrsimulator

Eine Art Fahrsimulator also, zur Illustration umgepolt auf das genaue Gegenteil des Fahrerlebnisses, das mit dem vorausschauenden Aktivfahrwerk und den geregelten Dämpfern erzielt werden soll. Die sich ja in der Regel nicht mit den Herausforderungen eines Kriegsgebiets, sondern beispielsweise mit den auf den Straßen der katalonischen Städte und Dörfer zahlreich verteilten Bodenwellen auseinandersetzen müssen. Wäre jetzt wohl spannend, diese Hubbel mal sportlich zu nehmen und zu sehen, wie der neue S8, die bereits vierte Generation der Sportlimousine, sie schluckt. Macht der verantwortungsbewusste Fahrer natürlich nicht, überrollt sie wie gewünscht mit reduziertem Tempo, wenngleich dabei das prognostische Fahrwerk vielleicht nicht ganz ausgereizt wird.

Auch von hinten sehenswert. Im Fahrmodus "dynamic" klingen die vier ovalen Endrohre gleich noch mal so schön.
Auch von hinten sehenswert. Im Fahrmodus "dynamic" klingen die vier ovalen Endrohre gleich noch mal so schön.

© Audi AG

Und darauf ist man bei Audi offenbar besonders stolz, berichtet wahre Wunderdinge von dem neuen Hightech-System, die im Rahmen solch einer Testfahrt nicht alle erlebbar sind, zum Glück. Zwecks Bequemlichkeit hebt sich die Karosserie beim Öffnen der Türen schnell bis zu fünf Zentimeter an? Man hätte beim Einsteigen darauf achten sollen. Und bei drohendem Seitenaufprall geht die jeweilige Flanke in Windeseile um bis zu acht Zentimeter hoch, damit der Unfallgegner den robusteren Schweller trifft, das Verletzungsrisiko der Insassen reduziert wird? Lieber nicht ausprobieren!

Schlaglöcher, Bodenwellen? Na und!

Seine wahren Wohltaten – und das war beim Rollen über die katalonischen Bergstraßen dann doch spürbar – soll das serienmäßige System ohnehin in weniger extremen Situationen entfalten. Vorausschauend wird es durch eine der sechs Bordkameras, die die Straße auf Unebenheiten abtastet und das Fahrwerk auf die jeweiligen Bedürfnisse einstimmt, um Schlaglöcher oder was auch immer möglichst glattzubügeln. Doch dieses luftgefederte Wunderding, wie all die anderen assistierenden Systeme mit Informationen aus fünf Radar- und zwölf Ultraschallsensoren, einem Laserscanner und eben den Kameras gefüttert, wird noch in ganz anderen Situationen aktiv. Sie neigen zu sogenannter „dynamischer Fahrweise“, zu unbeherrschtem Losbrausen gar, brachialem Bremsen? Situationen also, in denen sich ein Wagen mit traditionellem Fahrwerk vorne aufbäumt oder in die Knie geht? Beim Aktivfahrwerk wird das besonders im neuen Fahrmodus „comfort+“ spürbar reduziert. Während im Modus „dynamic“ der maximale Wankwinkel bei schnellen Kurvenfahrten, also die seitliche Neigung, nur etwa 2,5 Grad betragen soll, was den Wagen leichter beherrschbar macht, die auf die Insassen wirkenden Kräfte reduziert. Normal sind zirka fünf Grad. Serienmäßig wie das Aktivfahrwerk ist im neuen S8 auch die dynamische Allradlenkung, die das Rangieren und Lenken in engen Kurven erleichtern soll, den Wendekreis, ein Segen in engen Parkhäusern, um etwa einen Meter schrumpfen lässt. Bei flotten oder gar schnellen Fahrten – bis zu 250 km/h – stabilisiert das System den Wagen auch bei plötzlichem Spurwechsel. Ebenfalls Standard im S8 ist das Sportdifferenzial, das die Antriebskräfte auf die vier Räder verteilt, sie bei flotter Kurvenfahrt denen der Hinterachse je nach Bedarf zuweist, beim Einlenken oder Beschleunigen besonders dem kurvenäußeren Rad, während das entlastete kurveninnere Rad der Vorderachse sogar leicht abgebremst wird.

Ein Bayer in Katalonien. Der neue Audi S8 ist bereits die vierte Generation der luxuriösen Sportlimousine.
Ein Bayer in Katalonien. Der neue Audi S8 ist bereits die vierte Generation der luxuriösen Sportlimousine.

© Audi AG

Das muss man natürlich alles nicht wissen, die komplizierten technischen Abläufe nicht kennen, die vernetzten Systeme wirken auch so. Beispielsweise jetzt, als es in die kurvenreiche Bergstrecke zum berühmten Kloster Montserrat geht, auf der unser S8 seine Qualitäten, anders als auf den Innenstadthubbeln, doch noch ausspielen kann. Er ist ein Zwitter, man muss das so sagen: eine gediegene Luxuslimousine mit Sportwagenmanieren, die keine der aktuell erfüllbaren Wünsche offenlässt, vom nur bedingt zügelbaren Appetit auf fossilen Treibstoff mal abgesehen – im Schnitt etwas über elf Liter auf 100 Kilometer. Aber 571 PS, verteilt auf acht Zylinder, machen nun mal durstig, da hilft auch die ergänzende, das 48-Volt-Hauptbordnetz fütternde Mild-Hybrid-Technik mit den benzinsparenden Nebeneffekten wie Rekuperieren, Rollen im Leerlauf oder gar „Segeln“ mit kurzzeitig ausgeschaltetem Motor allenfalls begrenzt weiter, auch nicht das Abschalten einzelner Zylinder in nur geringe Kraft fordernden Betriebssituationen.

Mit 571 PS durchstarten wie im Jet

Einwände, die einem allenfalls nachträglich einfallen, nicht jetzt beim lustvollen Gebirgsslalom, rein in die Kurve, raus aus der Kurve, den sicher irgendwo vorhandenen physikalischen Grenzen auch dieses Luxuswagens denkbar fern, aber doch in ungewohntem Tempo, schließlich – die Strecke ist frei – beim beherzten Durchtreten des Gaspedals in den Sitz gepresst wie beim Start eines Jets. Bei all dem unterstützt von 38 möglichen, auf die Pakete „Tour“ und „Stadt“ verteilten Assistenzsystemen und umgeben von den aktuellen automobilen Insignien des Wohllebens. Eine Ausstattung mit Lounge-Charakter, wie Audis Werbetexter gar nicht mal unzutreffend fabulieren, der Innenraum sogar gut drei Zentimeter länger als im Vorgängermodell, selbst im Fond angefüllt mit den Errungenschaften der digitalen Welt und selbstverständlich voll vernetzt.

Innenleben mit Lounge-Charakter. Wenn die Öffnungen der Lüftung optisch stören: Man kann sie auf Knopfdruck schließen.
Innenleben mit Lounge-Charakter. Wenn die Öffnungen der Lüftung optisch stören: Man kann sie auf Knopfdruck schließen.

© Audi AG

Und sogar die Auspuffanlage mit ihren vier ovalen Endrohren röhrt jetzt, im Fahrmodus „dynamic“, dank einer im linken Nebenschalldämpfer elektrisch geöffneten Klappe, gleich viel satter, dynamischer eben – Soundcheck bestanden. Aber damit jetzt protzend mit aufheulendem Motor über irgendeinen Boulevard donnern? Völlig undenkbar. Für solche billigen Attitüden ist der Wagen einfach zu edel.

Technische Daten
Abmessungen: 5,18 m (L), 2,13 m (B), 1,47 m (H)
Gepäckraumvolumen: 505 Liter
Antrieb: Vier-Liter-V8-Benziner mit Biturbo-Aufladung, 571 PS, max. Drehmoment 800 Nm, Höchstgeschwindigkeit 250 km/h (elektronisch begrenzt), von 0 auf 100 in 3,8 Sekunden, Verbrauch 11,4 - 11,3 Liter auf 100 km; quattro-Antrieb, achtstufiges tiptronic-Getriebe
Preis: ab 140 000 Euro

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