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Berlin: Der neue Sprachtest fällt durch

„Deutsch Plus“ für Erstklässler ist nach Meinung vieler Experten zu leicht

Das deutlich bessere Abschneiden der 38 000 künftigen Erstklässler beim Sprachtest „Deutsch Plus“ ist in den Grundschulen auf wenig Verwunderung gestoßen. Nahezu übereinstimmend hieß es gestern von Seiten der Pädagogen, „Deutsch Plus“ sei eindeutig leichter als der bisherige Sprachtest „Bärenstark“. Zudem habe es die Möglichkeit gegeben, „Deutsch Plus“ vorfristig abzubrechen, wenn das Kind im ersten Testteil überzeugte. Somit seien bestimmte Defizite gar nicht aufgefallen.

„Die Kinder sprechen nicht besser Deutsch als früher. Die Latte liegt einfach niedriger“, lautet entsprechend die Einschätzung des Schöneberger Schulleiters Erhard Laube. Wie gestern berichtet, hatte eine Umfrage des Tagesspiegels ergeben, dass in allen angefragten Bezirken deutlich weniger Kinder einen Förderbedarf in Deutsch bescheinigt bekamen als in den Vorjahren. Damals war der Weddinger Sprachtest „Bärenstark“ angewandt worden, dieses Mal der neue niedersächsische Test „Deutsch Plus“. Er besteht aus einer Überprüfung des passiven und des aktiven Wortschatzes im Rahmen von vier Komponenten. Wenn ein Kind bei der zweiten Komponente („Passiver Wortschatz“) überzeugt, braucht es die dritte und vierte Komponente („Aufgabenverständnis“ und „Aktive Äußerungen“) nicht zu absolvieren.

„Dass ’Deutsch Plus’ mittendrin abgebrochen werden kann, ist ein Nachteil“, lautet die Einschätzung des Weddinger Schulleiters Roland Barth. „Bärenstark“ habe nicht abgebrochen werden dürfen und sei zudem „genauer und fundierter“, so Barth. Das bessere Abschneiden der Kinder bei „Deutsch Plus“ führt er überdies darauf zurück, dass die Erzieherinnen den Test „unter Zeitdruck und ohne Vorkenntnisse“ abnehmen mussten. „Bärenstark“ wurde überwiegend von Lehrern verantwortet.

Warum die Bildungsverwaltung den Erziehern und Lehrern überraschend die Option eingeräumt hat, den Test mittendrin abzubrechen, wenn das Kind ihres Erachtens genug Deutsch spricht, war gestern nicht zu erfahren. Es widerspricht jedenfalls den Ankündigungen.

Neuköllns Volksbildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD) warnt davor, das bessere Abschneiden der Kinder bei „Deutsch Plus“ überzubewerten. Letztlich bleibe es dabei, dass den Kindern geholfen werden müsse. Entscheidend sei, dass mehr Kinder für den Besuch der Kita geworben werden müssten. Außerdem brauchten die Schulen in sozialen Brennpunkten Geld für Honorarkräfte, die sich gezielter – etwa durch Nachmittagsangebote – für die Sprachförderung der Kinder einsetzen könnten.

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