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Berlin: Der Polizist wird wieder Nachbar

1998 wurden die Kontaktbereichsbeamten abgeschafft – jetzt sollen „Kobs“ erneut bürgernah Streife gehen

Die Polizei, dein Freund und Helfer. Wer, wenn nicht der Kontaktbereichsbeamte, eignet sich besser für diese Anforderungen? Fast zehn Jahre war der „Kob“, wie er in Kurzform heißt, von den Straßen verschwunden. Nun kehrt er wieder zurück. Sobald wie möglich, heißt es im Polizeipräsidium. Berlins Polizisten sollen wieder in bestimmten Straßen ihres Polizeiabschnitts, die ihnen direkt zugewiesen werden, Streife laufen und den regelmäßigen Kontakt zu den Bewohnern pflegen. So, wie es früher einmal war.

Im Zuge der Polizeireform, dem „Berliner Modell“ ist der „Kob“ Ende der 90er Jahre abgeschafft worden. Er sollte durch den „Smöb“ („Sachbearbeiter mit örtlichem Bezug“) in den neuen Dienstgruppen ersetzt werden. Doch geklappt hat das nicht so recht. Der „Smöb“ blieb für die Kiezbewohner und Geschäftsleute anonym – einen Polizisten ihres Vertrauens, den sie vom Sehen kannten und mit dem sie plaudern konnten, gab es nicht mehr. Das soll sich nun ändern.

„Wir werden die Kontaktbereichsbetreuung intensivieren“, sagt Polizeisprecher Bernhard Schodrowski. Allerdings werden die zuständigen Beamten keine „Kobs“ im klassischen Sinne sein, also wie vor Einführung des Berliner Modells im Jahr 1998. „Die Kobs waren damals von allen anderen Aufgaben entbunden“, erklärt Schodrowski. Dies könne sich die Berliner Polizei aufgrund des zusammengeschrumpften Personals heutzutage nicht mehr leisten. Deshalb sollen mit der Aufgabe betraute Beamten künftig in ihrer „einsatzfreien Zeit“ – also wenn gerade kein Funkwagen beispielsweise zu Einbrüchen oder Unfällen eilen muss – auf Streife gehen.

Die Polizeigewerkschaft (GdP) begrüßt zwar das Anliegen des Polizeipräsidenten, dass seine Beamten wieder bügernäher werden. Allerdings sei das ganze Konzept aufgrund der „katastrophalen Personallage“ unrealistisch.

Ganz Berlin ist noch aus der Zeit der früheren „Kobs“ in ein dichtes Netz mit 1212 Kontaktbereichen aufgeteilt. Mindestens ein Beamter, in Problemkiezen sollen es auch zwei oder gar drei sein, werden künftig in ihrem Bereich als Betreuer auf Streife gehen. Diese Aufgaben sollen berufserfahrene Polizisten auf den Abschnitten übernehmen, die sich auskennen in ihrem Kiez. Zudem sollen sie eine „gewisse Kommunikationsbereitschaft“ mitbringen. Denn Sinn und Zweck der ganzen Sache sei, „mit den Leuten im Kiez zu reden und Vertrauen zu gewinnen“. Das heißt, nicht nur die Visitenkarte an die Bewohner und Geschäftsleute zu verteilen. „Wir wollen die Polizei sichtbarer und ansprechbarer machen“, sagt deren Sprecher Schodrowski. Beamte, die ihren Kontaktbereich kennen und dort ständig präsent sind, erkennen eher Probleme und mitunter auch Straftaten früher. So falle dem „Kob“ auf, wenn ständig immer wieder dieselben Jugendlichen auf einem Spielplatz Ärger machten. Er könne eingreifen oder schlichten, bevor auf dem Spielplatz die Fäuste fliegen. Oder aber es entstehe durch die ständige Präsenz und gegenseitige Bekanntschaft wirkliches Vertrauen. „Dann kann es vorkommen, dass ein Jugendlicher sich dem Beamten anvertraut und ihm erzählt, dass er beispielsweise von einer Gang zu einem Einbruch angeworben worden ist“, sagt der Polizeisprecher.

Mit dem Vertrauen der Bürger zur Polizei ist das allerdings so eine Sache. Jüngstes Beispiel waren die Übergriffe im Kreuzberger Wrangelkiez im November vergangenen Jahres zwischen rund 100 jugendlichen Migranten und der Polizei. Die Polizisten fühlten sich von der Masse bedroht. Einer der Tatverdächtigen wiederum beklagte sich über rassistische Äußerungen und brutales Einschreiten der Polizei. Danach gab es mehrere „runde Tische“, bei denen für mehr gegenseitiges Verständnis geworben worden war. Schon bei den Unruhen im Wrangelkiez war der „Kob“ als vertrauensstiftendes Bindeglied zwischen Bürger und Polizei ins Gespräch gekommen. „Mit den Problemen in Wrangelkiez hat die kommende Kontaktbereichsbetreuung aber nichts zu tun“, sagt Schodrowski. Man habe dies schon Anfang 2006 geplant. Doch die Fußball-WM kam dazwischen. So kann der „Kob“ erst in diesem Jahr neu starten.

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