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Berlin: Der „Präsident“ hinter Panzerglas

Der mutmaßliche Bandenchef Mahmoud Al-Z. sitzt mit elf Angeklagten wegen Drogenhandels vor Gericht

Der „Präsident“ sitzt in der Einzel-Loge – abgeschirmt von seinem mutmaßlichen Gefolge. Mahmoud Al-Z. dürfte von dort aus einen guten Blick auf den Mann haben, der einst als seine rechte Hand galt und nun an seinem Untergang mitarbeiten soll. Und auf die vier Männer mit breiten Schultern und kugelsicheren Westen unter ihren Jacken, die seinen einstigen Vertrauten und jetzigen Kronzeugen beschützen. Vom „Präsidenten“ aber geht keine direkte Gefahr aus. Er sitzt hinter dickem Panzerglas.

Mit Mahmoud Al-Z. muss sich seit gestern einer der bekanntesten Kriminellen der Stadt vor Gericht verantworten. Hohe Sicherheitsvorkehrungen sind angeordnet. Denn es geht um internationalen Rauschgifthandel, um organisierte Kriminalität. Neben Al-Z. sind neun weitere Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 25 und 37 Jahren angeklagt. Mehr als 20 Rechtsanwälte drängen sich auf den Bänken, drei von ihnen vertreten den „Präsidenten“. Rund 20 Wachtmeister und Polizisten im Saal behalten auch die 50 Zuhörer – darunter drei Söhne und ein Bruder des „Präsidenten“ – im Blick.

Das Großverfahren gerät gleich nach Beginn ins Stocken. Zumindest für drei Stunden. Es geht um mehrere Anträge von Verteidigern, allen voran die Anwälte des „Präsidenten“. Der wird in der Anklage als „Mahmut U.“ geführt und soll 1972 in der Türkei geboren worden sein. Tatsächlich sei sein Mandant aber 1966 als Mahmoud Al-Z. in Beirut geboren, sagt Rechtsanwalt Wolfgang Ziegler. Den Anklägern wirft er vor: „Es handelt sich um ein Politikum, weil politisch gewollt ist, dass er Türke ist, weil politisch gewollt ist, dass er abgeschoben wird.“ Die Behörden dagegen sind davon überzeugt, dass Al-Z. vor 24 Jahren mit gefälschten libanesischen Papieren nach Deutschland kam.

Die Anwälte rechnen vor: Stimme das von der Anklage angenommene Geburtsdatum, wäre ihr Mandant bereits mit zehn Jahren Vater geworden. Al-Z. sei nicht 33 Jahre, sondern 39 Jahre alt und damit der älteste Angeklagte. Damit sei eine andere Kammer des Landgerichts für das Verfahren zuständig. Doch die Richter lehnten diesen und weitere Anträge ab.

Mahmoud Al-Z. sitzt derweil schweigend hinter Panzerglas. Nur ab und zu beugt sich der schwergewichtige Mann zu seinen Anwälten. Er, den jahrelang der Nimbus des Unantastbaren umgab und der sich als „Pate“ ehren ließ, wurde am 26. April letzten Jahres von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei festgenommen. Am ersten Prozesstag trägt Al-Z., der teure Anzüge, Champagner und Luxus-Limousinen liebt, einen schlichten dunklen Pullover.

Die Angeklagten aus fünf Ländern sollen in den Jahren 2003 und 2004 als Bande mit Haschisch, Kokain und Heroin gehandelt haben. Die Drogen seien aus den Niederlanden eingeschmuggelt und auch vom „Präsidenten“ persönlich verkauft worden. Ob der „Präsident“ aussagen wird, ist noch offen. Anders sein einstiger Komplize. Ahmed A.-K. kündigte als Einziger der Hauptangeklagten eine Aussage an.

Der 37-Jährige A.-K. teilte schon 1998 mit dem „Präsidenten“ die Anklagebank. Damals bekam A.-K. acht Jahre, Al-Z. zweieinhalb. Nach der Haft soll A.-K. weitergemacht haben – auch wieder mit dem „Präsidenten“. Jetzt ist A.-K. ein wichtiger Zeuge der Anklage. Er soll über Strukturen der mutmaßlichen Bande geplaudert haben. Voraussichtlich ab 9. März wird er im Prozess auspacken.

Kerstin Gehkre

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