zum Hauptinhalt
Zug ohne Fahrer: Das droht der S-Bahn auch in den kommenden Monaten.

© Mike Wolff

Vor dem Winter: Der S-Bahn gehen die Fahrer aus

Eigentlich wollte die S-Bahn sich winterfest machen - doch es fehlen 50 Fahrer. Insider berichten, mancher habe das Unternehmen verlassen, weil er keine Perspektive sah. Im Winter könnte so mancher Zug stillstehen.

Erst waren es die nicht einsatzfähigen Fahrzeuge – und nun sind es fehlende Fahrer, die die S-Bahn bremsen. Am Sonnabend musste das Unternehmen wegen des Personalmangels gleich zwei Linien verkürzt fahren, auch in den Tagen zuvor hatten bereits Fahrten ausfallen müssen. Nach Tagesspiegel-Informationen fehlten an diesem Wochenende 32 Lokführer. Insgesamt gibt es in dem Unternehmen nach dessen Angaben derzeit 960 Fahrer. Insider befürchten, dass die S-Bahn ihr Ziel, am Jahresende wieder planmäßig auf allen Linien zu fahren, nur schwer erreichen wird, denn der Personalmangel soll frühestens im Sommer des nächsten Jahres beseitigt sein. Hinzu kommt, wie berichtet, auch noch ein hoher Krankenstand.

Etwa 50 Fahrer müsse man noch einstellen, um den Bedarf zu decken, bestätigte S-Bahnchef Peter Buchner.  Viele S-Bahner hätten den Arbeitsplatz gewechselt, um etwa im Bahnkonzern einen modernen ICE zu fahren. Auch zu privaten Konkurrenten habe es Mitarbeiter gezogen. Kündigungen durch das Unternehmen habe es nicht gegeben.

Insider verweisen aber darauf, dass es unter Buchners Vorgängern eine starke Verunsicherung bei den Lokomotivführern gegeben habe, die sich nicht sicher gewesen seien, ob sie ihren Job behalten werden. Mehrere waren damals – bei Fortzahlung der Bezüge – nach Hause geschickt worden, weil es angeblich zu viel Personal gab. Mitarbeiter haben deshalb das Unternehmen gleich verlassen.

Seit Anfang des Jahres bilde die S-Bahn verstärkt Lokomotivführer aus, sagte Buchner. Erst jetzt sei wieder ein Kurs abgeschlossen worden; alle elf Teilnehmer hätten die Prüfung bestanden und seien übernommen worden. Im nächsten Jahr seien weitere Kurse geplant. Auch im Konzern sucht die S-Bahn nach Lokführern. Doch diese brauchen wegen des besonderen technischen Systems der S-Bahn eine viermonatige Zusatzausbildung, ehe sie fahren dürfen. Und der Markt ist deutschlandweit leergefegt. Fast überall suchen Unternehmen Lokomotivführer. Vor allem bei Konkurrenten der Bahn, die einen knappen Personalbestand vorhalten, sind auch schon häufig Fahrten ausgefallen, weil Lokführer fehlten.

Derzeit hat sich bei der S-Bahn die Lage verschärft, da wegen der Probleme mit den Fahrzeugen viele Zusatzfahrten in die Werkstätten erforderlich sind. Die Zahl dieser sogenannten Leerzüge sei nahezu „explodiert“, sagte Buchner. Die Fahrer fehlten dann für den Betrieb. Auch die wegen einer verzögerten Zulassung einer neuen Signaltechnik vorübergehend notwendig gewordene Doppelbesetzung in den Führerständen der Züge hat Personal gebunden, das jetzt Anspruch auf freie Tage hat.

Und selbst wenn die S-Bahn neue Mitarbeiter ausbildet, hat sie keine Garantie, damit auf Dauer über genügend Fahrer zu verfügen. Denn manche ziehen schnell weiter. Die Arbeit im Schichtdienst ist anstrengend. Erschwerend ist auch das derzeitige Abfertigungssystem der Züge. Weil Buchners Vorgänger schon vor der Zulassung eines neuen Systems die Abfertiger von den meisten Bahnhöfen abgezogen hatten, müssen die Lokführer ihren Zug selbst abfertigen und dazu auf fast jedem Bahnhof den Führerstand verlassen – bei Schnee, Regen und Hitze. Die neue Technik mit Kameras ist bis heute nicht einsetzbar.

So steht die S-Bahn vor der Situation, dass sie zwar für rund 20 Millionen Euro die meisten Fahrzeuge wintersicherer gemacht hat, die Züge aber vielleicht doch nicht einsetzen kann, weil Fahrer fehlen. Zum Normalbetrieb ist es noch ein weiter Weg.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false