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Berlin: Der Stern der Senatorin ging nicht auf

"Ich gehe dorthin zurück, wo ich hergekommen bin", erzählte Juliane Freifrau von Friesen am Wahlabend. Das kam nicht überraschend.

"Ich gehe dorthin zurück, wo ich hergekommen bin", erzählte Juliane Freifrau von Friesen am Wahlabend. Das kam nicht überraschend. Eine glücklose Wirtschaftssenatorin meldet sich nach ihrem Intermezzo in der Politik als Managerin bei der VEAG zurück. Aber einen Erfolg steckt sie sich doch als Brosche ans Revers: "Die Wirtschaftspolitik hat keine negativen Schlagzeilen gemacht." Das bezieht sie auf die Rolle, die ihr zugedacht war: Sie galt als "Garantin, dass die Wirtschaft dem rot-grünen Senat nicht von vornherein negativ gegenüberstand".

Sie kam schließlich aus einem Unternehmen und war ehrenamtlich für die Industrie- und Handelskammer tätig. Besorgnisse wegen der PDS als Tolerierungspartner lagen auf der Hand, "und die Grünen sind ja aus der wirtschaftsfernen Ecke auch nicht heraus". Die Grünen haben die parteilose Frau von Friesen geholt, weil, ja weil man sie wegen ihrer "feministischen Aktivitäten" kannte. Sie hätte auch einen Ruf der SPD nicht überhört, oder der FDP: "Wirtschaftspolitik hat für mich keine Farbe, die ist unideologisch, pragmatisch." Sie schätzt das "ökologische Bewusstsein der Grünen", hatte aber keine besondere Affinität zur Öko-Partei; die Beziehung hat sich auch nicht erwärmt. Und damit wurde sie zur einsamen Übergangssenatorin, in deren Erfahrungsbilanz die Grünen nicht gut wegkommen. "Ich hätte mehr Rückendeckung von ihnen erwartet", sagt sie seelenruhig, als hätte sie eine Lotoshaut, an der alles abperlt.

Sie kannte den politischen Betrieb nicht. Weder die Selbstdarstellung noch die richtige Verbindung zur Grünen-Fraktion ist der Freifrau gelungen. Den Kontakt zur Fraktion besorgte häufig ihre Staatssekretärin Erika Romberg (Grüne). Von der erfuhr sie öfter nach den Runden der Fraktionsfachleute, dass ihre Senatsvorlagen zerpflückt, mit Anmerkungen versehen, zurückgezogen wurden. Aus der Fraktion werden diese Spannungen freimütig frostig bestätigt: "Ökologie ist nicht ihre Stärke, sondern Frauenpolitik." Auch habe sie Probleme mit der Medienpräsenz und Verwaltung gehabt: "Ihr Stern ging nicht auf."

Für die kurze Amtszeit sah sie ihre Aufgabe in vertrauensvollen Kontakten zur Wirtschaft. Wenn sie "in der Presse liest, wo es hakt", ruft sie das betreffende Unternehmen an und fragt: "Was kann ich für Sie tun?" Sie hat keine Investoren-Leitstelle in ihrer Verwaltung vorgefunden, sondern nur ein Referat unter diesem Namen. Die Zeit für eine Umorganisation hatte sie nicht; sie hat improvisiert. Die Genehmigungsverfahren sollten beim Wirtschaftssenator gebündelt werden, findet sie: "Wir haben hier einfach alle an einen Tisch geholt und Antragsformulare ausgefüllt." Sie wollte Investoren den "roten Teppich ausbreiten": "Der Regierende Bürgermeister macht die Aktion, da bin ich nicht eifersüchtig."

Sie hätte aus Erfahrung allerlei Anregungen für die Koalitionsverhandlungen, an denen sie nicht teilnimmt. Das beginnt beim Problem der glatten Überforderung mit den vielen Aufsichtsratsmandaten qua Amt; sie hat zwölf. Einen Sitz im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft hat sie abgelehnt. Nein, diese komplizierte Banken-Materie nicht auch noch hopplahopp. Sie hofft, dass trotz der Haushaltslöcher bei der Infrastrukturförderung nicht geknappst wird, die noch wichtiger sei als Einzelförderung von Betrieben. Sachsen hat allein BMW mit 684 Millionen Mark gefördert. So etwas wäre in Berlin illusorisch bei einem Wirtschaftsetat von zwei Milliarden Mark, von dem die Hälfte gebunden ist.

Sie beklagt "Kleinteiligkeit" und "Partikularinteressen" in der Politik. Sie sieht noch kein übergreifendes Ampel-Konzept, wie man Berlin voranbringen kann. "Die einen sind für Verkehrsberuhigung, die anderen für neue Verkehrsverbindungen aller Art. Der eine will einen Paradigmenwechsel im Tourismus und macht das an Fahrrad-Wanderwegen fest. Der andere will den Stadtautobahnring schließen." So viel nur über den Unterschied zwischen Grünen und FDP. Und zur Konsolidierungspolitik der SPD ruft sie eine alte Frage auf: "Muss man Berlin durch die Ansiedlung von Unternehmen nutzen oder das Geld aus Finanznot sparen?"

Sie hat "viel ausgehalten" - vom Gespött, als herauskam, dass sie keine Volljuristin ist, bis zur Kritik an ihrer Japan-Reise mitten im Wahlkampf. Aber nach diesen Wirtschaftsgesprächen "werden wir aus Japan sehr positive Nachrichten erhalten, wahrscheinlich erst nach meiner Zeit", versichert sie. Sie kam "ohne große Erwartungen", sie geht "nicht enttäuscht", sondern mit einer Erfahrung. "Wenn Frauen die Macht angetragen wird, dürfen sie nicht nein sagen", spricht die Feministin. Ihr Stern ging halt nicht auf.

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