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Berlin: Der Streit geht weiter

Seit einem Jahr gilt das neue Mietrecht. Jetzt gibt es die ersten Urteile, aber noch nicht das letzte Wort

Die Reinigung des Treppenhauses, Schönheitsreparaturen oder die exakte Berechnung der Betriebskosten – im Mietrecht gab es schon immer zahlreiche Streitpunkte, an denen sich Mieter und Vermieter reiben konnten. Um deren Zahl zu minimieren und den Gesetzeswust zu reduzieren, arbeiteten zahlreiche Experten und Kommissionen schon seit den frühen 70er Jahren an einer Reform. Umsetzen ließ sich bis zum vergangenen Jahr keiner der bis dahin verfassten Vorschläge. Mal fühlte sich die Mieterlobby schlecht behandelt, mal legten die Vermieter ihr Veto ein. Doch schließlich gelang der Durchbruch: Am 1. September 2001 trat das Mietrechtsreformgesetz in Kraft. Wurde nun, was lange währte, endlich gut?

Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des neuen Mietrechts steht die Kündigungsfrist noch immer ganz oben auf der Liste der umstrittenen Punkte. Nach altem Gesetz gab es für Mieter und Vermieter einheitliche Fristen, die sich an der Wohndauer des Mieters bemaßen. Nunmehr sieht das neue Recht für Mieter eine einheitliche Frist von drei Monaten unabhängig von der Wohndauer vor. Für den Vermieter bleibt es bei einer Staffelung: Die dreimonatige Kündigungsfrist verlängert sich für ihn nach fünf und acht Jahren um jeweils drei auf dann sechs und neun Monate (BGB § 573 c).

Klar ist, dass die neuen Fristen für Mietverträge gelten, die nach dem 1. September 2001 abgeschlossen wurden. Unklar ist jedoch noch, was mit älteren Verträgen geschieht. Der Streit geht im Detail darum, ob die in älteren Verträgen für Mieter festgehaltenen Kündigungsfristen, die dem Wortlaut der alten BGB-Fassung entsprechen, weiterhin gelten – was die Vermieterlobby bejaht – oder auch hier drei Monate ausreichen, wie es die Mieterlobby sieht. Während die beiden Landgerichte Berlin und Itzehoe meinen, dass Vorrang habe, was im Vertrag stehe, beschied das Landgericht Hamburg in einem Fall, dass drei Monate Kündigungsfrist nun für alle Mieter verbindlich seien. Das letzte Wort dazu wird erst der Bundesgerichtshof sprechen.

Die Auswirkung einer weiteren Änderung werden viele Mieter und Vermieter erst Zug um Zug wahrnehmen: Über eine vertraglich vereinbarte Vorauszahlung von Betriebskosten ist jetzt jährlich abzurechnen, genauer: bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraumes (BGB § 556). Danach kann der Vermieter eine etwaige Nachforderung nicht mehr geltend machen (es sei denn, er hat die späte Abrechnung nicht zu verschulden). Die Regelung gilt erstmals für Abrechnungsperioden, die nach dem 31. August 2001 endeten. Ist dies beispielsweise das Kalenderjahr 2001, so muss die Aufstellung der Betriebskosten des vergangenen Jahres also bis Ende 2002 dem Mieter zugehen. Gerichte haben sich mit Fällen, in denen Vermieter ungerechtfertigt verspätete Nachforderungen stellten, bislang noch nicht befasst.

Vermieter muss gut wirtschaften

Gesetzlich festgeschrieben ist mit dem neuen Mietrecht auch der Grundsatz, dass ein Vermieter bei den Nebenkosten die Wirtschaftlichkeit zu beachten hat (BGB § 556). Hierbei können womöglich noch zwei Überlegungen zu Streit führen. Erstens: Ist die Betriebskostenart selber wirtschaftlich? Zweitens: Ist die Höhe der Betriebskosten wirtschaftlich? Zum ersten Punkt gehört beispielsweise die Frage, ob Wartungsverträge, etwa für die Klingel- oder Schließanlage des Hauses, notwendig (und damit wirtschaftlich) sind. Beim zweiten Punkt könnten etwaige überzogene Kosten diskutiert werden, wenn etwa ein für die Müllabfuhr zuständiges Unternehmen hohe Preise verlangt, und bei gleicher Leistung eine andere Firma den Abfall billiger entsorgen könnte.

Die Hilfe der Gerichte hätte man auch bei einem ganz anderen Thema erwarten können. Mieter haben nach neuem Recht bei Behinderung, hohem Alter oder sonstiger Gebrechlichkeit bei berechtigtem Interesse gegenüber ihrem Vermieter einen Anspruch darauf, die Wohnung auf eigene Kosten barrierefrei umzubauen (BGB § 554c). Verfahren dazu sind allerdings noch nicht bekannt. „Entweder die Leute streiten sich darum nicht“, sagt der Sprecher des Deutschen Mieterbundes, Ulrich Ropertz. „Oder die Nachfrage ist auf Grund der mutmaßlich hohen Baukosten nicht so groß wie angenommen.“ So mancher Grundsatzstreit ist also auch mit dem neuen Recht noch nicht ausgefochten.

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