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Berlin: Der Streit mit dem Hauseigentümer in der Winterfeldtstraße eskaliert

Videokameras am Hauseingang, ein Zaun vor dem Spielplatz, Wachschützer mit Pitbull als Nachbarn - frostiger kann die Atmosphäre in einem Mietshaus wohl gar nicht mehr sein. Im Altbau Winterfeldtstraße 25 neben dem Fernmeldeamt ist das Realität.

Videokameras am Hauseingang, ein Zaun vor dem Spielplatz, Wachschützer mit Pitbull als Nachbarn - frostiger kann die Atmosphäre in einem Mietshaus wohl gar nicht mehr sein. Im Altbau Winterfeldtstraße 25 neben dem Fernmeldeamt ist das Realität. Ein Streit zwischen alteingesessenen Mietern und dem neuen Hausbesitzer, der den Gründerzeitbau sanieren lassen will, eskaliert. Als Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Ziemer (Grüne) Mieter und Presse gestern zum Gespräch lud, fand das Hickhack eine Fortsetzung: Die Eigentümer des Hauses untersagten ihr, dass Treffen in der Winterfeldtstraße 25 abzuhalten. Vertreter des Hauseigentümers wiederum wurden der Veranstaltung verwiesen. Gezankt wird in der Winterfeldtstraße über alles Mögliche: Fahrräder auf dem Hof, angeblich rechtswidrige Durchbrüche, um Schlüssel zum benachbarten Spielplatz und Satelliten-Schüsseln. Von Beschimpfungen und Diffamierungen ist die Rede. In etwa 20 Fällen liefen Rechtstreitigkeiten zwischen den Parteien, sagte Mieter Wolfgang von der Becke. Vor kurzem ließ der Eigentümer, die Winterfeldtstraße 25 GmbH, drei Videokameras an Vordereingängen und der Gartenhaustür installieren. "Um Sachbeschädigungen Herr zu werden", wie ihr Geschäftsführer, Reto Mebes, sagte. "Eindeutig unzulässig" sei das und ein Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild der Mieter, sagte gestern hingegen der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Stroebele. Vergangenen Freitag verschwanden die Geräte auf ungeklärte Weise wieder. Zudem patrouillierten Angestellte mit einem unangeleinten Pitbull im Hof, berichteten Mieter. Und das, obwohl im Haus Kinder lebten.

Der Eigentümer wolle sie mit allen Mitteln unter Druck setzen, damit sie auszögen und er die Wohnungen besser verkaufen könne, vermutet man in der Mieterschaft. Sie sprechen von "feindlicher Übernahme". Unsinn, sagte Reto Mebes. Ein paar Bewohner machten Stunk, um ihre billigen Mieten zu sichern. Die Bürgermeisterin habe sich auf ihre Seite geschlagen. Ziemer sagte, das Haus liege im Schöneberger Norden, einer sozial schwachen Gegend. Mieterschutz sei hier von breitem Interesse.

In dem üppig mit Stuck verzierten Haus gibt es 51 Wohnungen. 1981 wurde das Gebäude von Hausbesetzern in Beschlag genommen und zwischen 1982 und 84 durch Mieter und mit der Hilfe von 1,4 Millionen Mark aus öffentlichen Mittel saniert. Etwa 30 000 Mark flossen in die Hofbegrünung. Üppige Sträucher und Schlingpflanzen wurden angelegt, für die die Hausgemeinschaft sogar Preise gewann. 1998 ging der frühere Eigentümer Konkurs, kurz darauf erwarb die Immobilienfirma Mebes und Wullinger das Gebäude. Ende 1999 forderte der neue Hausbesitzer die Mieter auf, die Grünpflanzen abzuräumen. Sie würden die Feuerwehr behindern, zudem gebe es statische Bedenken. Von Mieterseite heißt es, der Bauaufsicht sei die Hofbegrünung bekannt, es gebe keine Einwände. Vor wenigen Wochen ließ die Winterfeldtstraße 25 GmbH die Pflanzen abräumen. Hier läuft nun ein Verfahren wegen Schadenersatz. Überhaupt fühlen sich die Mieter schikaniert. Schlüssel seien nicht ausgehändigt worden, unberechtigt Vorwürfe und Verdächtigungen erhoben worden, rechtlich Zulässiges würde bis an die Grenzen ausgereizt, heißt es. Mebes streitet die Anschuldigungen ab.

Klar ist: Viele Mieter der Winterfeldtstraße zahlen niedrige Mieten. Rein rechtlich haben sie mindestens zehn Jahre Kündigungsschutz. Leer würden die Wohnungen als Eigentum auf dem Immobilienmarkt aber mehr erbringen als vermietet. Reto Mebes, der in Ost-Berlin schon "20 bis 30" Häuser in vermietetem Zustand saniert hat, bestreitet, Mieter vertreiben zu wollen. Er wolle nur sanieren und dann angemessene Mieten nehmen. Deshalb habe er begonnen, mit den alten Mietverträgen "aufzuräumen".

Tobias Arbinger

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