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Berlin: Der Streit um das Glasdach eskaliert

Architekt von Gerkan stellte 1993 sein Modell mit einem kurzen Dach vor. Länger wurde es auch, weil der Senat es seinerzeit so wollte

Im Streit um das Glasdach des Hauptbahnhofs verschärft die Spitze der Bahn AG den Ton. Wolf-Dieter Siebert, Vorstandschef der DB Station und Service AG, die für den Betrieb und den Unterhalt der Bahnhöfe verantwortlich ist, erhebt schwere Vorwürfe gegen das Architekturbüro von Gerkan, Marg und Partner (gmp). Das verkürzte Glasdach sei schon Bestandteil der ursprünglichen Planung gewesen, die gmp im Februar 1993 vorgestellt habe ( siehe unten stehende Position ). Dem widerspricht Meinhard von Gerkan.

Anlass der eskalierenden Auseinandersetzung ist, dass im Vorfeld der Sitzung des Haushaltsausschusses in der kommenden Woche, in der die Bahn AG ihr Vorgehen in Sachen Hauptbahnhof erklären soll, eine Auflistung des Bundesbauministeriums an die Öffentlichkeit gekommen ist, in der die Kosten des verkürzten Glasdachs auf rund 64 Millionen Euro beziffert werden. Die zunächst geplante Langversion des Dachs habe aber nur 37 Millionen Euro kosten sollen. Die Bahn dementierte diese Zahlen umgehend. Die von gmp geschätzten Baukosten seien während der Planungs- und Bauphase nicht zu halten gewesen. Das lange Dach hätte am Ende 74 Millionen Euro gekostet. Diese Kostenangaben werden von gmp als „falsch“ dementiert.

Tatsächlich hat gmp im Februar 1993 einen seiner Entwürfe mit einem kurzen Dach vorgestellt. Einen formellen Architekturwettbewerb hatte es nicht gegeben. Als Grund dafür nannten der Bund, die Bahn und der Senat den hohen Termindruck. Stattdessen wurde neben gmp auch das Berliner Büro Kleihues mit einem Entwurf für den Bahnhof beauftragt.

Das Rennen machte gmp. Das Glasdach fiel schließlich länger aus, weil, so gmp, die Länge des Dachs von 430 Metern Bestandteil der Ausschreibung für den Bahnhof gewesen sei. Dies entspreche einer Standard-Länge für ICE-Bahnsteige. So wurde etwa auch am Bahnhof in Spandau gebaut.

Befördert wurde das lange Dach außerdem durch Pläne der Senatsbauverwaltung. Sie sahen vor, im Umfeld des Bahnhofs einen Wohnanteil von 30 Prozent für die zu errichtenden Neubauten festzuschreiben. In direkter Nähe eines großen Bahnhofs Wohnungen zu planen, bedeutet aber erhöhte Anforderungen an den Lärmschutz. Das lange Glasdach sollte sowohl den Schall des enormen Zugverkehrs schlucken als auch darüber hinaus ermöglichen, dass ein kompletter ICE unter das Dach passt.

Mit der Kappung des Dachs auf nun 321 Meter ist der Lärmschutz passé und damit auch die Vorstellungen des Senats, im direkten Umfeld Wohnungsbau zu verlangen. Nun sind in den Neubauten des Lehrter Stadtquartiers und am Humboldthafen vor allem Büros, Dienstleistungen und Hotels vorgesehen. Wohnungen könne es zwar immer noch geben, heißt es bei der Stadtentwicklungsverwaltung und dem Liegenschaftsfonds, der die Grundstücke vermarktet, aber eben nicht so nah am Hauptbahnhof .

Mit der Entscheidung von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, das Glasdach zu kürzen, begann der Streit mit dem Architekten Meinhard von Gerkan. Von Gerkan soll Mehdorn vorgeworfen haben, er zerstöre so sein Kunstwerk. Mehdorn soll im Gegenzug dem Architekten bedeutet haben, er sitze einem grundsätzlichen Irrtum auf: Bei dem Neubau handele es sich nicht um ein Kunstwerk, sondern lediglich um einen Bahnhof.

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