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Berlin: Der Überflieger

Die Fans himmeln Vladimir Malakhov als besten Tänzer der Welt an. Jetzt können sie ihn sogar mit nach Hause nehmen – als Bildband

Beim Tanzen scheint er die Gesetze der Schwerkraft zu negieren. Wer ihm zusieht, meint förmlich, der Tänzer stehe in der Luft. Fliegen kann er sowieso – davon sind jedenfalls die Zuschauer des „Jahrhunderttänzers“ überzeugt. Nicht die einzige überschwängliche Titulierung für das Ausnahmetalent Vladimir Malakhov, dessen Auftritte die „New York Times“ als Offenbarung pries.

Berlin kann sich glücklich schätzen – seit 1. Januar 2004 ist der wohl berühmteste Tänzer der Gegenwart Intendant des Staatsballetts Berlin. In „Dornröschen“ von Peter I. Tschaikowsky präsentierte sich Malakhov im vergangenem Oktober dem Publikum gleich dreifach: als Intendant, Choreograf und Solist. Als Prinz Desiré erlöste er in dem „Ballett der Ballette“ (Tänzerkollege Rudolf Nurejew über „Dornröschen“) die Prinzessin mit seinem Kuss aus ihrem hundertjährigen Schlaf hinter der Dornenhecke.

Erleben kann man das in Berlin erst wieder im kommenden Oktober. Ob das Publikum dann wie zur Premiere auch selbst durch Rosenspaliere wandelt, muss hier so offen bleiben, wie Kartenwünsche. Ist doch das Staatsballett Berlin – die Fusion der Ballette der Staatsoper, der Deutschen Oper und der Komischen Oper – wie „Dornröschen“ sozusagen „wachgeküsst“. Oder besser gesagt, die größte deutsche Ballettcompagnie Deutschlands bekam von seinem Intendanten ten einen „Erweckungskuss“.

So begeistert drückt sich der Prolog eines neuen Buches aus, mit dessen Kauf man nicht nur den Prinzen Desiré alias Vladimir Malakhov, sondern gleichzeitig sein ganzes „Dornröschen“ mit nach Hause nehmen kann. Und nicht nur das. „Malakhovs Dornröschen“ – so heißt das Buch – zeigt nicht nur den Meister himself, sondern auch die Compagnie – „Seitensprünge mit dem Staatsballett Berlin“ verkündet der Untertitel des Bandes. Nicht nur der Glanz der opulenten Inszenierung, die der Tagesspiegel ein „selbstbewusstes Bekenntnis zum Kitsch“ nannte, ist auf vielen farbenprächtigen Fotos von der Bühnenfotografin Monika Rittershaus festgehalten. Vielmehr darf der Leser auch einen Blick hinter all den märchenhaften rosaroten Glanz von „Dornröschen“ werfen.

Und man bekommt als Laie dabei eine kleine Ahnung davon, wie erbarmungslos hart derjenige gegen sich selbst sein muss, der sich dem Ballett mit Haut und Haaren verschrieben hat.

Der privat nicht märchenhaft, sondern stets schwarz gekleidete Ukrainer Malakhov entdeckte den Tanz mit vier Jahren. In Kriwoj Rog, wo der Weltstar 1968 in einer Ingenieurfamilie geboren wurde, übertrug seine Mutter ihren einstigen Berufswunsch auf den Sohn und schickte ihn zum Ballettunterricht. Als Maus tanzte er in seiner ersten Rolle um den Weihnachtsbaum.

Mit zehn war seine Kindheit beendet – da begann er in Moskau seine Berufsausbildung an der Bolschoi-Ballettschule, die auch durch ihre harte Ausbildung berühmt ist. Malakhov ertrug sie klaglos – „ich wollte immer der Beste“ sein“. Mit 18 Jahren wurde er Solist beim Klassischen Ballett in Moskau. Als 23-Jähriger ging er in den Westen und wurde fast über Nacht zwischen Wien, Stuttgart, Tokio und New York zu dem „Tänzer des Jahrhunderts“.

Den kann man morgen sozusagen live und bei freiem Eintritt erleben – im Apollosaal der Staatsoper Unter den Linden stellt der Tänzer am 12. Mai um 16.30 Uhr die „buchgewordene Verführung zum Tanz in drei Akten“ vor – so wirbt „Malakhovs Dornröschen“ für sich.

Malakhovs Dornröschen. Seitensprünge mit dem Staatsballett Berlin. Verlag Schott Music, 39,95 Euro.

Heidemarie Mazuhn

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