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Berlin: Der Unabhängige aus Bremerhaven

Von seinem zuweilen bärbeißigen Vorgänger Thilo Sarrazin unterscheidet Ulrich Nußbaum eines deutlich: Der 51-Jährige versprüht Charme und Freundlichkeit. Nußbaum hat aber eine Eigenschaft mit Sarrazin gemein: Er ist ein eigensinniger und unabhängiger Kopf, der sich keiner Parteiräson unterwirft.

Von seinem zuweilen bärbeißigen Vorgänger Thilo Sarrazin unterscheidet Ulrich Nußbaum eines deutlich: Der 51-Jährige versprüht Charme und Freundlichkeit. Nußbaum hat aber eine Eigenschaft mit Sarrazin gemein: Er ist ein eigensinniger und unabhängiger Kopf, der sich keiner Parteiräson unterwirft. Der Mitinhaber eines internationalen Fischhandelsunternehmens und Vizepräsident der Bremerhavener Industrie- und Handelskammer war 2003 vom Bremer Bürgermeister Henning Scherf (SPD) in die Politik geholt worden. Ohne Partei- und Behördenerfahrung bekam er gleich den brisantesten Posten der SPD-CDU-Koalition: die Leitung des Finanzressorts in dem extrem verschuldeten Stadtstaat.

Der promovierte Jurist, der auch Politik studiert hat und SPD-Altkanzler Helmut Schmidt bewundert, verschaffte sich schnell Respekt. Als „Oberbuchhalter oder Spartechnokrat“ sah er sich nicht. Lieber wollte er „mit gesundem Menschenverstand Dinge bewegen“. Für seine unideologische Art erhielt er Beifall aus Unternehmerkreisen, Gewerkschafter waren weniger glücklich. Marita Rosenow, stellvertretende Verdi-Chefin in Niedersachsen-Bremen, hat Nußbaum als „fair und freundlich“, doch hart in der Sache erlebt – vor allem bei seinem Widerstand gegen Lohnerhöhungen für Beschäftigte. Der Bremer Schuldenberg aber wurde in seiner Amtszeit nicht kleiner.

Sein Abschied Mitte 2007 kam überraschend. Eigentlich sollte Nußbaum im neuen rot-grünen Senat die Ressorts „Wirtschaft und Häfen“ sowie „Justiz“ übernehmen. Er fühlte sich aber vom SPD-Landesvorsitzenden Uwe Beckmeyer zum Parteieintritt gedrängt. „Es ist ja nichts Anrüchiges oder Schlechtes, in der SPD zu sein – ganz im Gegenteil“, meinte Nußbaum. Aber als Mitglied könne er nicht mehr so gut „Transmissionsriemen zur bürgerlichen Seite“ sein.

So widmete sich der Vater zweier Kinder wieder seinem Unternehmen und lehrte europäisches Wirtschaftsrecht. „Das ist sehr schade für Bremen“, sagte Michael Stark, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Bremerhaven, zu Nußbaums Weggang. Durch dessen Tätigkeit habe die Kammer eine Blütezeit erlebt.Eckhard Stengel, Bremen

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