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Berlin: Des Bürgers Kummerkasten

Der Petitionsausschuss darf Politikern kräftig auf die Füße treten

Bloß nicht der Petitionsausschuss! Kaum ein Parlamentarier reißt sich um die „Mitgliedschaft“ in diesem Ausschuss, denn er ist arbeitsintensiv, mühevoll, unbequem, aber dafür sehr bürgernah: Die Mitglieder beschäftigen sich mit Beschwerden und Hinweisen von Bürgern über Missstände vor allem in den Verwaltungen. Im letzten Jahr zählte der Ausschuss 2100 Eingaben. Und manchmal muss man den Senatoren der eigenen Partei kräftig auf die Füße treten: Der Ausschussvorsitzende Ralf Hillenberg (SPD) erwägt zum Beispiel, seine Parteifreundin, die Justizsenatorin Karin Schubert, vorzuladen.

Der Fall: Ein 19Jähriger nimmt sich in einer Jugendstrafanstalt das Leben. Zuvor soll er mit Selbstmord gedroht haben. Seine Mutter hatte sich an den Ausschuss mit der Bitte gewandt, die Staatsanwaltschaft möge prüfen, warum ihr Sohn nicht beaufsichtigt wurde. Der Ausschuss schrieb an die Justizverwaltung. Von dort hieß es regelmäßig, die Staatsanwaltschaft prüfe noch. Nur: Die offiziellen Ermittlungen nach der Tat waren Hillenberg zufolge längst abgeschlossen – der Beamte soll den Brief des Ausschusses nicht weitergeleitet haben. Justizsenatorin Schubert habe dem Ausschuss geschrieben, dass es „dienstrechtliche Konsequenzen“ gegeben habe. Eine solche Auskunft reicht dem Ausschuss bei einem solch krassen Fehlverhalten nicht.

Dem Berliner Petitionsausschuss sind 1974 gesetzlich umfangreiche Gesetze gegeben worden: Er kann alle Senatoren, sogar den Regierenden Bürgermeister, vorladen – und gegebenenfalls vereidigen; er erhält Akteneinsicht oder darf einer Verwaltung einen Besuch abstatten. Davor muss allerdings der Regierende informiert werden.

SPD-Politiker Hans-Jochen Vogel leitete als Fraktionschef der Opposition von 1981 bis 1983 den Ausschuss und gibt seinen Nachfolgern den Rat, alle Rechte auszuschöpfen, die dieser Ausschuss hat. Als „Kernstück der demokratischen Struktur“ müsse er immer für den Bürger erreichbar sein, sagte Vogel.

An den Ausschuss können sich alle Bürger mit ihren Anliegen wenden. Die Adresse: Abgeordnetenhaus, Petitionsausschuss, Niederkirchnerstraße 5, 10111 Berlin. sib

Der Ausschuss im Internet:

www.parlament-berlin.de

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