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Tut weh? Hilft aber! Die Masernimpfung wird von vielen Ärzten empfohlen. Wer sich als Kind infiziert, kann schwere Hirnschäden erleiden.

© pa/dpa

Deutlich mehr Infektionen: Masern machen Berlin viel Arbeit

Nach Flüchtlingsheimen sind nun Berliner Schulen von Masern betroffen. Eine Impfpflicht gibt es nicht. Der Senat prüft, ob er dafür eine Impfzentrale einrichtet.

Die steigenden Maserninfektionen in Berlin könnten neben einer Debatte um eine Impfpflicht, auch zu Forderungen nach einem besser ausgestatteten Gesundheitsdienst führen. Wie berichtet, stellten die Gesundheitsämter seit 1. Januar mindestens 153 Masernfälle fest. Lehrer und Kinder in Kladow und Kreuzberg mussten wegen fehlender Impfungen ihren Schulen fernbleiben. Dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) zufolge seien die 68 Fälle, die allein in der dritten Januarwoche registriert wurden, „die höchste Zahl für eine Meldewoche in Berlin seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes“ 2001.

Masern in Flüchtlingsheimen

In 2014 hat es insgesamt 133 Masernfälle gegeben, im Jahr davor 492. Weshalb es in diesem Januar so viele Infektionen gibt, ist unklar – die Mehrzahl der Berliner ist Schätzungen zufolge gegen Masern geimpft. Fest steht aber auch, dass sich diejenigen anstecken, die eben keine Impfung haben.

Ärzte verweisen nun auf die vielen Masernfälle in Flüchtlingsunterkünften. Im November hatte es in mehrere Ausbrüche gegeben, was damit zusammenhängt, dass viele Flüchtlinge in ihren Heimatländern nicht geimpft wurden. Das Lageso hatte die Belegung der Häuser vorübergehend stoppen lassen. Einem aktuellen Lageso-Bericht zufolge sind knapp die Hälfte der Masernbetroffenen derzeit Asylbewerber. Vor einigen Wochen waren es deutlich mehr. In 20 Unterkünften wurden zeitweise Masern festgestellt.

„Jeder kann sich in Berlin impfen lassen“, sagte eine Sprecherin von Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU). „Und wir hatten 2013 einen großen Masernausbruch, den die Stadt gemeistert hat.“ Der Senatsverwaltung zufolge sind mehr als 90 Prozent der Berliner Schüler doppelt geimpft. Je älter die Bewohner desto geringer ist die Impfquote. Aber immer noch die Hälfte der 30- bis 39-Jährigen ist mindestens einmal geimpft worden. Eine einmalige Impfung gilt zwar als ausreichend, bei wenigen Menschen aber wirkt sie nicht, weshalb Mediziner zwei Impfungen empfehlen.

Impfbereitschaft im Osten und bei Einwanderern höher

Um vermeidbare Infektionen wie Masern zu bekämpfen, hatte Czaja immer wieder für Impfschutz geworben. Dabei gelten weder Neukölln oder Hellersdorf als Problemkiez sondern Zehlendorf. Mangelnde Impfbereitschaft gebe es vor allem „in bildungsnahen Familien“ im Westen der Stadt, hatte Czaja 2012 gesagt. Die Impfbereitschaft im Osten und bei Berlinern aus Einwandererfamilien ist dagegen größer.

Eindringlich rät die Impfkommission des RKI, immerhin das zuständige Bundesinstitut, zu der Immunisierung, was die Krankenkassen übrigens bezahlen. "Kinder, die öffentliche Einrichtungen besuchen, sollten geimpft werden", sagte Ulrich Fegeler vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Von wenigen Privatschulen abgesehen, käme dies einer Flächenimpfung gleich. Viele Mediziner empfehlen, etwa Kinder schon als Einjährige impfen zu lassen. Eine entsprechende Pflicht, sagte ein Senatsbeamter, aber „bekommt man in Deutschland politisch nicht durch. Intern haben viele den Wunsch, aber scheuen die Öffentlichkeit.“

Heiko Thomas, Gesundheitsexperte der Grünen, spricht sich gegen eine Impfpflicht aus. Er verweist auf die ohnehin hohe Impfbereitschaft – gerade unter Flüchtlingen. Der Senat solle die Gesundheitsämter besser ausstatten, damit Impfwünschen nachgekommen werde. In den vergangenen Jahren war bekannt geworden, dass in den Ämtern selbst Arztstellen unbesetzt geblieben sind. Eine Senatssprecherin sagte am Dienstag hingegen, man prüfe, ob im Lageso eine zentrale Impfstelle für Berlin eingerichtet werden soll: Dort könnten Flüchtlinge aus allen Bezirken geimpft werden.

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