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Deutsch-Amerikanisches Volksfest: Kaum noch Lust auf Karussell

Nach dem Gondel-Zwischenfall auf dem Deutsch-Amerikanischen Volksfest herrscht Flaute bei den Fahrgeschäften. Offenbar war eine überhitzte Bremse Ursache des Defekts, bei dem 14 Fahrgäste eines Karussells mehr als 30 Minuten in der Luft hingen.

Der „junge Mann“, der auf einem roten Schild im Kassenhäuschen des „Stargate“-Karussells „zum Mitreisen“ gesucht wird, hätte wohl erst mal nichts zu tun: Denn das Häuschen ist leer, die braune Schublade unter dem Tisch noch halb aufgezogen. Der Münchener Besitzer hatte dort wohl schnell noch alles Wichtige herausgeholt, bevor er sich zurückzog. Und er ist nicht zu sprechen, seit 14 Fahrgäste am Sonnabend in seinem Karussell kopfüber in der Luft hängen blieben – bis zu 45 Minuten lang.

Die Krisenkommunikation übernimmt deshalb Richard Simmons, der das Deutsch-Amerikanische Volksfest am Hüttenweg in Zehlendorf veranstaltet. Im karierten Hemd steht er vor dem Karussell, auf das männliche und weibliche Astronauten aufgesprüht sind. Der TÜV hat am Sonntag die Bremsvorrichtung abgebaut und wird in den nächsten Tagen untersuchen, wie es zum Defekt kommen konnte. „Die Bremse war heiß gelaufen, deshalb wurde die Stargate plötzlich gestoppt“, fasst Simmons die bisherigen Erkenntnisse zusammen. Bis die Ursache geklärt sei, bleibe das Gerät am Boden.

Dass dieses Ereignis die Berliner von einem Gang über den Rummel abhalten würde, ist an diesem Sonntag nicht zu sehen – und auch nicht an den Besucherzahlen abzulesen. Vor allem Familien mit kleinen Kindern sind dort unterwegs: Ein Vater setzt seinen kleinen Sohn gerade in den Polizeiwagen eines Kinderkarussells. Der Kleine guckt besorgt, doch der Vater vertraut der Technik. „Bei einem Kinderkarussell kann so oder so nicht viel passieren“, sagt er. Ob er nach dem folgenschweren Unglück an der „Stargate“ noch in das High-Tech-Karussell steigen würde, weiß er nicht. „Aber ich bin sowieso nicht so scharf auf solche Geräte.“ Und eigentlich sei er auch nur wegen der Kinder gekommen.

Dass Volksfeste mit ihren Kettenkarussells, Losbuden und Achterbahnen grundsätzlich aus der Mode gekommen sind, glaubt Veranstalter Simmons nicht. Und auch nicht, dass Unglücke wie der tragische Tod eines Elfjährigen, der vor einer Woche aus noch ungeklärter Ursache bei einer Fahrt mit der Achterbahn „Wilde Maus“ verstarb, die Besucher abschrecken. „Wir hatten in den vergangenen Wochen 320 000 Besucher“, sagt Simmons. Im vergangenen Jahr seien es insgesamt 400 000 gewesen. Und das Volksfest laufe ja noch eine Woche.

Unter den Schaustellern ist die Stimmung weniger zuversichtlich. „Die Leute laufen hier nur herum, aber sie fahren eigentlich kein Gerät mehr“, sagt eine Frau, die schon seit Jahren ihr Geld auf dem Rummelplatz verdient. Und nach den beiden Zwischenfällen wachse die Angst, dass noch mehr Kunden wegbleiben. Viele der Betreiber, die bei über 30 Grad in ihren Kassenhäuschen schwitzen, wollen deshalb nichts zum Unfall des „Stargate“-Karussells sagen. Außer, dass ein Unfall einem genauso gut mit der Bremse des eigenen Autos hätte passieren können. Die Freunde der 26-jährigen Jenny sind gerade in den „Ikarus“ gestiegen, ein Karussell, das die Besucher meterhoch in die Luft hebt. „DieTochter meiner Freundin wollte das fahren“, sagt Jenny. Und sie habe da keine technischen Bedenken – nur sei ihr Magen etwas schwach, deshalb sei sie selbst nicht mit eingestiegen. Rita Nikolow

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