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Deutsch-Französisches Volksfest in Berlin

© dpa

Deutsch-französisches Volksfest in Berlin: Rundum rummelglücklich

Achterbahn und Zuckerwatte waren für Kinder einmal das allergrößte. Mittlerweile wirkt ein gemeinsamer Tag auf dem Rummel jedoch eher wie ein Anschlag auf die kindliche Computercouchseligkeit. Ein Besuch auf dem Deutsch-französischen Volksfest kann das ändern.

Das Misstrauen stand den Jungs ins Gesicht geschrieben. Deutsch-französisches Volksfest? Was ist das? Schon wieder ein Anschlag auf die kindliche Computercouchseligkeit durch unternehmungswütige Eltern: ein kulturelles Event, womöglich mit Vorträgen, Workshops, grenzüberschreitender Verständigung? Ich verzichtete auf die berlinhistorische Herleitung des Jahrmarkts im ehemaligen französischen Sektor und sagte nur ein Wort: Achterbahn. Zwei junge Gesichter begannen zu strahlen. „Au ja!“, schrie der Kleine, zehn. „Ich liebe Rummels!“ Flugs hatte er noch einen Freund dazu organisiert, und zu fünft ging’s los.

Lärm, Spaß, Zuckerwatte! Das Wetter war schön, die Stimmung gut, der Nervenkitzel wartete an jeder Ecke. Die Achterbahn heißt hier Eurocaster, man sitzt in hängenden Gondeln und wird furchtbar durchgerüttelt, das hatte ich aus meiner Jugend in besserer Erinnerung. Der Kleine war dennoch begeistert. „Das war das Lustigste, was ich je in meinem Leben gemacht habe“, keuchte er. Die Wildwasserbahn machte allen Spaß, in die Geisterbahn wollten die Jüngeren allein. Sie entstiegen ihr gefasst, erschraken dann aber fürchterlich vor dem kläffenden Hündchen der Schaustellerin. Wir erklommen mit Spektralbrillen auf der Nase die Treppen des Event-Towers, oben gibt’s ein Café mit Toiletten. „Skyline-Kacken!“, rief der kleine Freund und ging gleich ans Werk. Der Blick aufs Volksfest und die Stadt ist klasse.

Der Große gab sich cool, Achterbahn und Treppensteigen kann ja jeder, ein beinahe Vierzehnjähriger braucht stärkere Reize. Etwa den Avenger, bei dem man in geschätzt 30 Metern Höhe mit dem Kopf nach unten über dem Boden hängt, rumgewirbelt wird, um dann wieder rasant nach unten zu stürzen. Hinterher torkelte er uns entgegen, stammelte nur noch „krass“ und zeigte seine zitternden Hände. Ich empfand klammheimliche Genugtuung: Endlich mal ein Erlebnis, das im Computer nicht besser zu haben ist!

Für mich, die betagte Mutter, sei das nichts, sagte das Kind, ich würde das nicht aushalten. Auch das männliche Oberhaupt der Familie war der Meinung, vernünftige Erwachsene unseres Alters setzten sich nicht in solche Geräte, man riskiere Schleudertraumata und Nackenverwringungen und eine dauerhafte Deplatzierung sämtlicher Organe. Ich kniff und ärgere mich immer noch darüber.

Die Sängerin auf der Bühne im französischen Dorf sang „La vie en rose“, und ich wirbelte gepflegt auf dem Kettenkarussell über den Platz, spürte die Leichtigkeit des Seins und später auch die des Portemonnaies. Rundum rummelglücklich verließen wir den Festplatz. „Da gehen wir noch mal hin“, bettelte der Kleine. Versprochen: Beim nächsten Mal nehme ich ein paar orthopädische Stützapparaturen mit und wage mich auf den Avenger.

Das Deutsch-französische Volksfest läuft noch bis zum 14. Juli, Zentraler Festplatz am Kurt-Schumacher-Damm, täglich ab 14 (sonntags ab 13) Uhr. Eintritt 2 Euro, Kinder bis 14 Jahre frei. Mittwochs ist Familientag mit halben Preisen.

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