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Berlin: Deutsch ist ein Muss – auch für Kitas

Sprachvermittlung in Kindergärten soll verbessert werden. Senator lehnt Forderung nach Migrantenquote ab

Die Diskussion um die Deutsch-Pflicht an der Herbert-Hoover-Realschule und um die gesamte Sprachproblematik der Migrantenkinder strahlt jetzt auch auf die Erziehung in Kindergärten aus. Der ehemalige niedersächsische Innenminister Christian Pfeiffer forderte am Sonntag, deutsche und ausländische Kinder in Kitas besser zu mischen, um die sprachliche und gesellschaftliche Integration voranzubringen. Jugendsenator Klaus Böger (SPD) hält allerdings nicht viel von dem Vorschlag, weil er die Kindertagesstätten gar nicht zwingen kann, für Migranten ein bestimmtes Kontingent frei zu halten.

„Im Übrigen haben ja alle Eltern die Möglichkeit, für ihr Kind eine Kita mit geringer Migrantenquote zu suchen“, ergänzt Bögers Sprecher Kenneth Frisse. Dies habe der Kita-Gutschein ermöglicht, den es seit dem 1. Januar gibt.

In Berlin ist etwa ein Drittel der Kita-Kinder ausländischer Herkunft. Da in den Ostbezirken vergleichsweise wenig Migranten leben, liegt der Anteil nichtdeutscher Kinder in den Westbezirken bei rund 40 Prozent – schätzungsweise 20 Prozent in den bürgerlichen Gegenden und 50 bis 70 Prozent in übrigen Gebieten. Wenn dann die wenigen deutschen Kinder auch noch in den ambitionierten Kinderläden „verschwinden“, kann es passieren, dass Kitas mit über 90 Prozent Migrantenkindern entstehen.

Maria Lingens kennt solche Kitas und auch deren Probleme. Die Kita-Fachfrau der Arbeiterwohlfahrt hält dennoch nichts davon, die Kinder über die Stadt zu verteilen, um eine verträgliche Migrantenquote zu erreichen. „Die betroffenen Eltern haben oftmals nicht einmal eine Monatskarte“, ist Lingens’ Erfahrung. Sie hätten aus finanziellen Gründen ihren Aktionsradius sehr reduziert. Deshalb komme es darauf an, das Beste aus der Situation zu machen.

Aber was ist „das Beste“? Eine Deutsch-Pflicht wie in der Hoover-Schule komme bei den Drei- oder Vierjährigen nicht infrage, sagt Maria Lingens, „denn die Kinder müssen ja überhaupt erstmal sprechen lernen“. Dazu sei es wichtig, dass die Eltern mit ihnen viel kommunizierten – egal, in welcher Muttersprache. Darauf könne man dann aufbauen.

Auch Barbara John glaubt nicht, dass die Kontingentierung ein gangbarer Weg ist. Die ehemalige Ausländerbeauftragte weiß sehr wohl, dass die hohe Migrantenquote in den Kitas ein Problem ist und dass viele Eltern deshalb weitere Wege in Kauf nehmen. Aber sie weiß auch, „dass sich das nicht alle Eltern leisten können“. Deshalb setzt John ebenso wie Maria Lingens darauf, dass die Kitas ihre Sprachlernangebote verbessern.

Erste Schritte sind schon getan: Als erstes Bundesland entwickelte Berlin ein Bildungsprogramm für die Kitas, in dem unter anderem eine gezieltere Sprachvermittlung vorgeschrieben wurde. Seit dem 1. Januar ist es verbindlich. Allerdings sind noch längst nicht alle Erzieherinnen entsprechend fortgebildet. Erst rund ein Drittel von ihnen hat an einem entsprechenden Kurs teilgenommen, der vom Land angeboten wurde. Die anderen Erzieherinnen sind darauf angewiesen, dass die privaten Kita-Träger oder die Bezirke von sich aus Fortbildungen anbieten.

Abgesehen davon sollen vom Sommer an alle Kita-Kinder Sprachlerntagebücher führen. Auch dies ist ein Mosaikstein in der Vorbereitung der Kinder auf die Schule – die andernfalls an den schlechten Sprachkenntnissen der Kinder scheitert. Wie schlecht diese Kenntnisse sind, offenbart seit Jahren der Deutschtest der Vorklässler. Am kommenden Donnerstag ist es wieder soweit: Dann werden die diesjährigen Ergebnisse präsentiert.

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