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Berlin: Deutsche Küche? No, grazie!

Zu Gast bei den grölenden Germanen: Wie sich italienische Touristen in Berlin benehmen

Der deutsche Urlauber rülpst also gerne laut, so hört man aus Italien. Und wie benimmt sich der Italiener als Tourist in Berlin? Er rümpft die Nase, denn er mag die deutsche Küche nicht. „Aber das Essen mögen sie nirgendwo in der Welt außer zu Hause“, sagt die Stadtführerin Annegret Miersch. Bevor sie eine italienische Reisegruppe in ein Altberliner Restaurant führt, muss sie vorher erklären, was auf die Italiener zukommt. Dann geht’s. Eisbein ist vielen zu schwer. Die Gastwirte richten sich mit viel Brot und Wasser auf die Gäste ein. „Und hinterher sieht der Tisch immer aus wie Sau“, sagt die Kellnerin eines Gasthauses.

Am allerliebsten geht der Italiener gar nicht aus. Er kocht selbst, wenn das möglich ist. „Er steht um 12 Uhr auf, geht einkaufen und macht sich erst mal Mittagessen“, sagt Marc Meillon vom A & O Jugendhostel. „Dann hält er ein Nickerchen.“ Und wenn andere Touristen ins Berliner Nachtleben aufbrechen, kocht er das Abendessen – am liebsten für alle Landsleute gleich mit.

Berlin ist in Mode in Italien. Das heißt aber nicht unbedingt, dass italienische Berlin-Touristen ihr Jugendhostel tagsüber wirklich verlassen. „Unter den Gästen, die am Tage im Hotel bleiben, sind mindestens 50 Prozent Italiener“, sagt Meillon. Abstand von der Familie zu Hause, das bedeutet schon Ferien.

Die Italiener informieren sich nicht vorher, wie andere Touristen. Ihr Tagesprogramm erstellen sie sich spontan an der Rezeption. Sie lieben das Sony-Center, die Museen, das Shoppen. Und dann bleiben sie schließlich doch gerne im Hotel.

Architektur, Modeläden, Kultur, dafür liegt Berlin bei Italienern zurzeit im Trend. „Erst war es München, dann Prag, jetzt ist es Berlin“, sagt Miersch, die Stadtführerin. Sieben Prozent mehr italienische Gäste hat die Berlin Tourismus Marketing im ersten Halbjahr gezählt. Letztes Jahr waren es zwei Prozent.

Und der große Ansturm steht in diesem Sommer noch bevor: Die Nationalferien sind im August. „Wir überlegen schon, ob wir eine italienische Flagge über den Tresen hängen sollen“, sagt Ante Zelck, Geschäftsführer von Mitte’s Backpacker Hostel.

Was sonst noch typisch ist? „Die Italiener sind explosiv, lauter als andere Gruppen. Wenn man mit 50 herumläuft, das hört man schon“, sagt Miersch. Der ruhige Verkehr in Berlin falle ihnen besonders auf. „Und wenn wir im Park vom Charlottenburger Schloss spazieren gehen, werden sie auch ein bisschen ruhiger. Nach einer halben Stunde.“

Till Schröder

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