zum Hauptinhalt
Ohne Briefe kein Warten. Diese drei entkernten Postkästen illustrieren die einfache Lösung des Problems.

© Foto: Paul Zinken/dpa

Deutsche Post in Berlin: Immer mehr Probleme bei der Briefzustellung

Viele Berliner beschweren sich über unregelmäßige Zustellungen oder verloren gegangene Briefe. Die Deutsche Post verweist auf hohe Krankenstände.

Von Sabine Beikler

Der tägliche Blick in den Briefkasten offenbart vielen Berlinern: Leere. In jüngster Zeit beklagen sich Post-Kunden vermehrt, dass ihnen nur unregelmäßig Briefpost zugestellt wird. Tagesspiegel- Leser aus Reinickendorf berichten, sie erhielten nur einmal pro Woche Post. Auch in Marienfelde, Schmargendorf und Grunewald bleiben Kästen tagelang leer. Die unzureichende Zustellung ist ein Problem, das offenbar berlinweit verbreitet ist.

Die Post reagiert auf Beschwerden und konkreten regionalen Anfragen offenbar regelmäßig mit der Antwort, es gebe krankheitsbedingt Ausfälle, die „leider zu Unregelmäßigkeiten“ führten. Und Orkan „Xavier“ sei möglicherweise auch mitverantwortlich dafür, dass es punktuell Verzögerungen gegeben habe. „Wir bedauern die von den Unregelmäßigkeiten betroffenen Kunden“, schreibt ein Sprecher auf Nachfrage.

Abbau von Personal und Trivialleistungen wie Briefmarkenautomaten und Briefkästen, Poststellen mit dünnen Öffnungszeiten, dafür aber weniger Personal, sind eine Errungenschaft des wirtschaftlichen Umbaus. Ein Börsengang hat eben seinen Preis und den zahlt der Kunde.

schreibt NutzerIn BRCI

In Charlottenburg wartet ganzes Haus seit zwei Wochen auf Post

In der Schulzendorfer Straße in Heiligensee zum Beispiel wurden in Berlin aufgegebene Briefe erst nach acht Tagen zugestellt. Auf Beschwerden von Kunden antwortete die Post, der Stammzusteller sei erkrankt. Und ein Vertreter habe die Zustelltour übernommen. Der kenne sich aber „weniger gut“ aus und habe länger für die Tour gebraucht. Und dann habe er auch noch seine Zustelltour abbrechen müssen, da die Mitarbeiter die gesetzliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden nicht überschreiten dürften. Die Sendungen seien jedoch am nächsten Tag zugestellt worden. Das wiederum negieren die betroffenen Kunden entschieden.

In der Württembergallee in Charlottenburg wartet ein ganzes Haus seit zwei Wochen auf Briefpost. Eine Tagesspiegel-Leserin hatte die Hotline (Telefon 0228/4333112) angerufen, die ihr geraten hatte, abzuwarten und die Absender zu bewegen, Nachforschungsanträge zu stellen. Banken dagegen schicken in der Regel bei Termingeschäften den Kunden Doppel, die pro Ausdruck kostenpflichtig sind – wie im Fall der Leserin. Eine weitere persönliche Vorstellung beim Zustellpostamt blieb ohne Erfolg.

Kunden werden an die Hotline verwiesen - erfolglos

Ähnliche Erfahrungen machen Kunden im Grunewald: Freundliche Schalterbeamte händigen Karten mit der Hotline-Nummer aus und weisen darauf hin, dass die Leitung der Postfiliale für Beschwerden die falsche Adresse sei. Die Tagesspiegel-Leserin rief bei der Hotline erneut an. Diese nahm Anfang Oktober die Beschwerde auf. Bis heute wartet das Haus in der Württembergallee auf Post.

Mindestens seit Februar dieses Jahres scheint es bei der Deutschen Post ungewöhnlich hohe Krankenstände zu geben. Das geht aus diversen Antwortschreiben des 1995 privatisierten Konzerns auf Beschwerden und Anfragen hervor.

Auf Nachfrage, wie viele Briefsendungen, Pakete, Päckchen täglich in Berlin bearbeitet werden, wie viele Mitarbeiter die Post in Berlin beschäftigt und wie viele Zusteller oder Fremdfirmen mit der Lieferung beauftragt sind, lautet die Antwort der Post, man kommuniziere „keine regionalen Zahlen“. Im Übrigen verfüge die Post „über eine ganze Reihe von bewährten Qualitätssicherungsmaßnahmen, die wir aber im Einzelnen nicht darstellen werden“.

Die sogenannte Postuniversaldienstleistungsverordnung (PUDLV) regelt, wie schnell und wie oft Briefe zugestellt werden müssen. Demnach muss die Post dafür sorgen, dass mindestens 80 Prozent der Briefe am ersten Werktag nach dem Einwurf zugestellt werden. Zwei Werktage später sollen mindestens 95 Prozent der Briefe in den Briefkästen der Empfänger landen. In der Verordnung steht auch: „Die Zustellung hat mindestens einmal werktäglich zu erfolgen.“

Die Post gibt keine Zustellgarantie für Briefsendungen

Eine Zustellgarantie für Briefsendungen gibt die Post grundsätzlich nicht. Immer mehr unzufriedene Kunden beschweren sich deshalb bei der Bundesnetzagentur über unregelmäßige Zustellungen oder verschütt gegangene Briefe: 2016 gingen 4000 Beschwerden über alle Postdienstleister bei der Bonner Behörde ein, die dafür verantwortlich ist, dass die gesetzlich festgelegte Grundversorgung sichergestellt ist.

Die Bundesnetzagentur kontrolliert auch die Vorgaben zur Pünktlichkeit. Nicht durch eigene Stichproben, sondern anhand von Zahlen, die das vom Tüv Rheinland zertifizierte Qualitätsforschungsinstitut Quotas aus Hamburg erhebt – im Auftrag der Deutschen Post. Um die Laufzeiten zu messen, verschickt Quotas mithilfe von Partnern jährlich mehr als 700.000 Briefe.

Im vergangenen Jahr hatten die Berliner übrigens überwiegend Probleme bei der Paketzustellung, die Hamburger bei der Briefzustellung. Als Grund nannte die Post hohe Krankenstände. Einen Anlass, aktiv zu werden, sah die Bundesnetzagentur bisher nicht.

Zur Startseite