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Späte Zeugen. Dieser Schädel wurde bereits 2011 zurückgegeben.

© Mike Wolff

Deutsche Verbrechen in der Kolonialzeit: Charité will menschliche Überreste zurückgeben

Bis zu 100.000 Menschen wurden zwischen 1904 und 1908 in Namibia getötet. Damals hieß das Gebiet "Deutsch-Südwestafrika".

Die Berliner Charité will zum dritten Mal sogenannte menschliche Überreste (Human Remains) an Namibia zurückgeben. Das kündigte Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) in einer am Donnerstag veröffentlichten Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des CDU-Abgeordneten Hans-Christian Hausmann an. Die menschlichen Überreste waren während deutschen Kolonialzeit aus dem Gebiet des heutigen Nambia nach Berlin gebracht worden. Wissenschaftliche Einrichtungen bemühen sich seit einiger Zeit um einen neuen Umgang mit den Zeugnissen der kolonialen Vergangenheit. Lederer erläuterte, es sei die Übergabe von zehn Schädeln, fünf Skeletten und einem Schulterblatt geplant, die derzeit im Universitätsklinikum gelagert würden. Ein genauer Übergabetermin stehe noch nicht fest. Zunächst müssten noch Einzelheiten des Transports geklärt werden.

Auslöser waren Proteste von Opferorganisationen

Nach Protesten von Opferorganisationen hatte die Charité bereits 2011 und 2014 menschliche Überreste an Namibia zurückgegeben. Weitere Rückgaben gab es den Angaben zufolge an Argentinien und Paraguay sowie an Tasmanien und Australien. Laut Kultursenator Lederer verzeichnet die Stiftung Preußischer Kulturbesitz seit einigen Jahren verstärkt Anfragen von Vertretern der Herkunftsländer sowie von Wissenschaftlern nach Objekten aus den ehemaligen deutschen Kolonialgebieten. In der Regel gehe es dabei um einen Informationsaustausch und die wissenschaftliche Zusammenarbeit. Nur in sehr wenigen Fällen sei damit auch ein Rückgabeersuchen verbunden.

Ruprecht Polenz schlägt eine deutsch-namibische Zukunftsstiftung vor

„In keinem einzigen Fall liegt bisher ein förmliches Rückgabeersuchen der Regierung des jeweiligen Staates vor“, sagte Lederer. Mehr als 100 Jahre nach Ende der deutschen Kolonialzeit bemüht sich Deutschland um eine Kompensation für erlittenes Unrecht. So hatte Ende März der Namibia-Beauftragte der Bundesregierung, Ruprecht Polenz (CDU), eine Entschädigung in Form eines speziellen Strukturfonds sowie eine deutsch-namibische Zukunftsstiftung vorgeschlagen.

Hintergrund der Entschädigungen sind die Massaker durch deutsche Kolonialtruppen an den Herero und Nama zwischen 1904 und 1908, bei denen Schätzungen zufolge bis zu 100.000 Menschen getötet wurden. Ein Großteil der Herero und Nama wurden damals ihres Landes enteignet. Deutsch-Südwestafrika, das das Gebiet des heutigen Namibias umfasst, war damals eine deutsche Kolonie. epd

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