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Berlin: Deutscher Filmpreis: Was wirklich sexy ist

Zu Filmpartys trägt man inzwischen vor allem ein junges Gesicht. Viele Gäste und Nominierte um die zwanzig brachten bei der Nominierungsveranstaltung zum Deutschen Filmpreis eine neue Optik und ein neues Lebensgefühl ins Spiel.

Zu Filmpartys trägt man inzwischen vor allem ein junges Gesicht. Viele Gäste und Nominierte um die zwanzig brachten bei der Nominierungsveranstaltung zum Deutschen Filmpreis eine neue Optik und ein neues Lebensgefühl ins Spiel. Toni Blume aus "alaska.de" zum Beispiel fand das schon ein bisschen stressig, dass man eigentlich im Sakko ins Adlon kommen sollte. Er hatte sich dann für einen dezenten schwarzen Rippenpullover mit silbernen Knöpfen entschieden. Genial diplomatisch hatte der nominierte "Crazy"-Hauptdarsteller Robert Stadlober das leidige Dresscode-Problem gelöst. Der 18-Jährige war sowieso gerade am Tapezieren und hat sich dann schnell noch mit weißer Wandfarbe einen hübschen Sinnspruch aufs Jackett gemalt: "Solola/Verdad/essexy". Wo nur die Wahrheit sexy ist, brauchen sich auch die Mädchen nicht hinter falschem Robengeglitzer zu verstecken. "Früher", gab die für "Die innere Sicherheit" nominierte Julia Hummer zu, "habe ich mir ja immer Gedanken gemacht, was ich anziehen soll." Mit 21 ist sie weiter, abgeklärter. Locker steht sie da im grauen Kapuzenshirt mit Jeansjacke drüber: "Das hatte ich schon heute Morgen beim Bäcker an." Die meisten jugendlichen Darsteller kennen sich, obwohl es keine feste Szene gibt, in der man sich ständig trifft. Jedenfalls wird heftig geflirtet, und wo so offensichtlich Funken sprühen, entsteht eine ganz eigene Glamouratmosphäre, die mit Perlen und Pailletten erst dann wieder substituiert werden muss, wenn die Liebeslust Alterserscheinungen zeigt. Noch lange hin. Boulevard Berlin: Was die Stadt bewegt... Manchmal gehen die Dinge aber blitzschnell, wenden sich über Nacht auch zum Positiven. Florian Gallenberger, der eine Woche zuvor noch eine unter vielen Nachwuchshoffnungen des deutschen Films gewesen wäre, gehörte zu den absoluten Stars des Abends. Grund: der Oscar, den er für seinen 34-Minuten-Film "Quiero Ser" bekommen hat, ein bewegendes Miniatur-Epos über zwei mexikanische Straßenjungs, von denen der eine es schafft, und der andere nicht. "Man braucht schon eine Weile, bis man das richtig begreift", sagte er nachdenklich. Dem noch nicht vertriebenen Jet Lag gibt er einen neuen Schub, wenn er nächste Woche in Indien Motive für seinen neuen Film sucht. Darin wird es um die tragische Liebesgeschichte zweier Jugendlicher gehen, die in einer Teppichfabrik arbeiten. Obwohl durch die Oscar-Nacht verwöhnt, empfand er die Nominierungsveranstaltung als "sehr gelungen". Es gebe halt in Deutschland nicht "diese Stars, die eine Atmosphäre aufkommen lassen, in der man sich gegenseitig lobt, ohne anbiedernd zu wirken". Und natürlich fehlen die riesigen Dimensionen. Der überwältigende Eindruck, vor 800 Millionen Zuschauern weltweit zu sprechen, wirkte bei dem sonst so selbstbewussten 29-Jährigen sichtlich noch nach.

Auch wenn es nicht allen so erscheinen mag, eigentlich ist die Nominierungsveranstaltung für den Deutschen Filmpreis ja auf gebremsten Glamour ausgerichtet. Statt John-Wayne-Witzen, die Michael Naumanns Spezialität waren, gab es bayerische Herzigkeit. Wo Glamoursucht enden kann, deutete der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude an, der wie ein charmant mahnender Zeigefinger auf der Bühne stand, um dem noch neuen Staatsminister das Feld warmzureden. In Berlin gebe es das ja noch, dass bei Filmfesten tatsächlich Filme geguckt würden, im geselligen München hingegen konzentriert man sich ganz aufs Zwischenmenschliche. Dass es im Norden irgendwie ernsthafter zugeht als im heiteren Süden, war aber nicht der Hauptgrund seines Kommens. So ein Oberbürgermeister muss sich halt um sein Wahlvolk kümmern, und inzwischen stellt er fest, dass man bei Berliner Festen mehr Münchner trifft als bei den einschlägigen Zusammenkünften in der Isar-Metropole selbst; die viel fotografierte Senta Berger war da nur eine Leitfigur.

Dass auch Berliner nicht mit spitzen Fingern feiern, bewies die von Isa von Hardenberg perfekt organisierte Party; die Adlon-Küche zeigte mit Erfolg und Lust, wozu sie fähig ist. Über den Namen "Lola" für des Oscars kleine deutsche Schwester freuten sich fast alle, schon weil er sowas gütig Sprachübergreifendes hat.

Gar nicht genug loben kann man den gestrafften Ablauf der Nominierungszeremonie selbst, punktgenau in Szene gesetzt vom Staatsminister Nida-Rümelin. Da braucht es offenbar wirklich einen echten Philosophen, um diese uralte Weisheit neu zu demonstrieren: Wie die Würze liegt auch Glamour in der Kürze.

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