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Berlin: Deutschland ist gut, Türkei ist besser

Von Melanie Ottenbreit und Moritz Schuller Kemal Karadeniz wird sich am Freitag Morgen die eine Nationalmannschaft anschauen und am Sonnabend die andere. Und dann vielleicht entscheiden, bei welcher er lieber mitspielen würde.

Von Melanie Ottenbreit

und Moritz Schuller

Kemal Karadeniz wird sich am Freitag Morgen die eine Nationalmannschaft anschauen und am Sonnabend die andere. Und dann vielleicht entscheiden, bei welcher er lieber mitspielen würde. Denn der hochtalentierte türkische Fußballnachwuchsspieler aus Berlin hat die Wahl, ob er später einmal für die deutsche oder die türkische Nationalmannschaft spielen wird. Noch hat er die Wahl.

Der 13-Jährige trainiert drei Mal die Woche beim BSV Hürtürk-El an der Haarlemer Straße in Neukölln. Fragt man ihn, wo er am liebsten spielen würde, antwortet er: Juventus Turin. Doch geht alles gut, wird er sich bald auch für eine Nationalmannschaft entscheiden müssen. Seit einigen Jahren bemühen sich Talentsucher vom deutschen und türkischen Fußballverband gerade um junge, in Deutschland lebende türkische Kicker, um Spieler wie Kemal. Und wer einmal für die eine Nationalmannschaft gespielt hat, ist nicht mehr für die andere spielberechtigt. So sind die Teenager gezwungen, eine Entscheidung fürs (Fußball-)Leben zu treffen – noch lange vor der Entscheidung über die Staatsangehörigkeit.

Auch Kemal ist schon einmal zum Auswahltraining der 1. D-Jugend eingeladen worden. Eigentlich würde er lieber für die türkische Nationalmannschaft spielen, schon heute trainiert er in dem rot-weißen Trikot der Nationalmannschaft. Doch: „Mit einem deutschen Pass kannst du nicht für die türkische Nationalmannschaft spielen“, erklärt ihm sein Trainer Aytac Güzelarsan.

Türkische Nachwuchsspieler wie Aziz Bozkurt oder Hakan Balta (beide 17), beide bei den Amateuren von Hertha, sind nicht mehr die Ausnahme: Sowohl der türkische als auch der deutsche Verband lecken sich die Finger nach ihnen. „Jeder Zweite entscheidet sich für Deutschland“, sagt der Geschäftsführer des Europabüros des türkischen Fußballverbands, Hakan Eseroglu. „Das hängt auch davon ab, wie nationalistisch die Familie ist.“ Letztlich sei es eine „Herzfrage“, vor der die jungen Starspieler stünden, schließlich können sie die Entscheidung nicht mehr zurücknehmen.

Doch im Profifußball spielt das Herz eine immer kleinere Rolle: Jetzt, da die türkische Nationalmannschaft so erfolgreich spielt, wird es wohl immer schwerer werden, ins türkische Team zu kommen. Und die Deutschen dagegen, das hat sich rumgesprochen, sind dankbar für jedes neue Talent.

Für die meisten türkischen Fußballspieler Berlins stellt sich das Problem ohnehin nicht: Sie wären dankbar, wenn sie überhaupt für eine Nationalmannschaft spielen dürften. Das weiß auch Kemals Trainer: „Ich würde mich freuen, wenn er überhaupt Nationalspieler wird. Hauptsache, er spielt für irgendein Land“, sagt Güzelarsan. Und davon gibt es ja viele: Der 12-Jährige Hüseyin Apak, ein Mannschaftskamerad von Kemal, würde am liebsten für die Engländer spielen. Denn sein Vorbild ist weder deutsch noch türkisch, sondern heißt David Beckham.

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