zum Hauptinhalt
Ein Mann betritt eine Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung. Die Gefahr, im Alter in die Armut abzurutschen, ist für Berufstätige deutlich gestiegen, meint der DGB.

© Julian Stratenschulte/dpa

DGB warnt vor Altersarmut: Männliche Neu-Rentner aus Ost-Berlin verlieren am meisten

Eine Studie des Gewerkschaftsbundes offenbart gewaltige Unterschiede bei den Rentenzahlungen, zwischen den Generationen, Geschlechtern und dem Herkunftsort.

Besonders männliche Arbeitnehmer, die heutzutage in den Ruhestand gehen, müssen mit deutlich niedrigeren Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung rechnen als ältere Rentner. Darauf hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Berlin-Brandenburg am Donnerstag bei der Präsentation seines jährlich aktualisierten „Rentenreports“ hingewiesen.

Besonders dramatisch ist diese Entwicklung demnach statistisch bei männlichen Neurentnern, die im Ostteil Berlins leben, hieß es. Diese Personengruppe bezog im Jahr 2018 (neuere Daten sind noch nicht verfügbar) im Schnitt 1086 Euro im Monat – und damit ganze 208 Euro weniger als der Durchschnitt aller männlichen Rentner im Osten Berlins (1294 Euro).

Frauen erhalten durchschnittlich niedrigere Renten

Bei männlichen Rentnern, die im einstigen West-Berlin leben, ist die Differenz zwischen Neu- und Bestandsrenten mit 143 Euro zwar nicht ganz so groß, allerdings bezieht diese Rentnergruppe im Schnitt deutlich geringere Zahlungen als Berliner, die ihr Arbeitsleben im Osten verbracht haben: Neurentner in West-Berlin erhalten durchschnittlich nur 940 Euro, geht aus dem Report hervor. Im Schnitt des gesamten Bundesgebietes beziehen Neurentner 1119 Euro. Christian Hoßbach, der Bezirksvorsitzende des DGB, erklärte diese West-Berliner Besonderheit mit dem historisch höheren Anteil der Angestellten im Niedriglohnsektor im Westen.

Frauen erhalten wegen der meist kürzeren Zeiten der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt niedrigere Renten. Bei ihnen können Neurentnerinnen aber mit ähnlich hohen oder sogar etwas höheren Auszahlungen rechnen, weil Frauen zunehmend besser in den Arbeitsmarkt integriert sind und in die Kassen eingezahlt haben als in früheren Jahrzehnten.

So bekam eine Ost-Berlinerin, die 2018 erstmals Altersrente bezog, im Schnitt 1077 Euro ausgezahlt - immerhin 15 Euro mehr als Bestandsrentnerin in ihrer Nachbarschaft. Die Neu-Rentnerin aus dem Westen der Stadt erhielt nur 793 Euro (22 weniger als die Bestandsrentnerin aus Berlin-West).

Ostdeutsche Frauen profitieren von DDR-Politik

Der geografische Unterschied ergibt sich aus dem Umstand, dass die Erwerbstätigkeit von Frauen in der DDR die Regel war, während Frauen im Westen statistisch häufiger im eigenen Haushalt arbeiteten und Kinder betreuten - und so kein oder nur geringe Rentenansprüche erwerben konnten. Dieser Effekt macht sich auch heute - 30 Jahre nach der Deutschen Einheit - deutliche bemerkbar. Insofern belohnt das bestehende Rentensystem die Arbeitsleistung von Frauen in der weitgehend ineffektiven Planwirtschaft der DDR höher als die Leistung westdeutscher Hausfrauen.

In Brandenburg sind die Renten im Schnitt etwas niedriger als im Osten Berlins und etwas höher als im Westen, geht aus der Statistik hervor. Hier konnten Neu-Rentner im Jahr 2018 mit durchschnittlich 1079 Euro rechnen, Frauen mit 988 Euro.

Christian Hoßbach, der Bezirkschef der DGB Berlin-Brandenburg stellte den Rentenreport 2020 vor.
Christian Hoßbach, der Bezirkschef der DGB Berlin-Brandenburg stellte den Rentenreport 2020 vor.

© Lilli Zylka/DGB

„Die rentenpolitischen Rückschritte der Nullerjahre und der gewachsene Niedriglohnsektor schlagen sich jetzt bei den Rentenzugängen nieder“, interpretierte Hoßbach die Zahlen. „Es ist hohe Zeit, niedrige Renten zu stärken und für die Zukunft umzusteuern, sonst droht vielen in unserer Region Altersarmut“, sagte er voraus. Schon heute seien in Berlin und Brandenburg rund 100.000 Rentner auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen. Ihm sei klar, dass sich Entwicklungen, die „seit bald 20 Jahren in die falsche Richtung laufen, nicht über Nacht ändern lassen.“ Doch wenn man nicht damit beginne, werde sich die Situation verschärfen.

Mit dem Report wolle der DGB alle, die noch Jahre bis zum Renteneintritt haben, dafür sensibilisieren, sich mit ihrer persönlichen Rentenprognose auseinanderzusetzen. Neben der gesetzlichen Rente baue das System ja auch auf eine Säule der betrieblichen und einer privaten Vorsorge. Doch nicht jeder Arbeitgeber würde Betriebsrenten oder dergleichen zahlen und nicht jeder Arbeitnehmer habe genügend Geld übrig, um privat vorzusorgen, erklärte Hoßbach. Er verwies auf die Beratung durch die rund 150 regionalen „Versicherungsältesten“, mit denen man seinen individuellen Fall durchsprechen könne. Eine Kontaktliste gibt es hier.

Zur Startseite