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Berlin: Die Chance im Scheitern

Liedermacher Konstantin Wecker wehrt sich gegen Rechtsradikale. Im April singt er in der Philharmonie

Niederlagen sind nicht immer etwas Negatives. Manchmal motivieren sie auch. Ein gutes Beispiel dafür ist das abgesagte Konzert von Konstantin Wecker in Halberstadt. „Nazis raus aus unserer Stadt“ sollte das Motto sein, und ausgerechnet die rechtsextreme NPD erreichte mit ihrem Protest, dass der dortige Landrat den Auftritt am 8. März in einem Gymnasium untersagte. Seitdem bekommt der Liedermacher täglich Post von Menschen, die „genug haben von der braunen Brühe in diesem Land“, wie er sagt. Auch viele Halberstädter hätten sich gemeldet – und Bürgermeister aus anderen ostdeutschen Städten, die Wecker bei sich auftreten lassen wollen. Und das Konzert in Halberstadt wird nachgeholt, da ist sich Wecker sicher: „Das wäre ja noch schöner.“

Wecker, 58, engagiert sich seit Jahrzehnten gegen Rechtsextremismus. Privat, auf seinen Alben und in Konzerten. Wenn er das nicht täte, „hätte ich wahrscheinlich ein größeres Publikum. Viele Menschen haben Angst vor allem, was irgendwie links sein könnte.“

Ein Held sei er wirklich nicht, sagt Wecker. Für Angst vor Neonazis hat er Verständnis. Schließlich wurde er schon oft genug selbst bedroht. Vor seinen Konzerten standen Nazis mit Kampfhunden, einmal musste er die Bühne räumen, weil die Polizei Hinweise auf einen Bombenanschlag hatte. Die Drohmails von Neonazis zählt Wecker schon nicht mehr. Einmal sei er „selbst feige gewesen“. Da sei er durch eine westdeutsche Fußgängerzone spaziert, als ihm eine Horde Neonazis in Springerstiefeln entgegenkam. „Ich hab’ mir die Hand vors Gesicht gehalten, ins nächstbeste Schaufenster geguckt und dann schnell das Weite gesucht.“ Die Absage des Halberstadt-Konzerts durch den Landrat sei aber etwas anderes: „Das war keine Feigheit, das war vorauseilende Feigheit.“ Aber wie gesagt: Aus Niederlagen kann man gestärkt hervorgehen. Das will Konstantin Wecker am 7. April in der Philharmonie beweisen, wo er gemeinsam mit den Münchner Symphonikern eine „musikalische Reise“ präsentiert. In der ersten Hälfte mit Kammerorchester, „damit sich meine Zuhörer an die klassischen Klänge gewöhnen“, nach der Pause dann in voller Besetzung. Der Leitfaden dabei lautet: „Meine größten Niederlagen“. Wecker spielt die Lieder mit den schlechtesten Kritiken und die größten Ladenhüter. Zum Beispiel seine Brecht-CD von 1998. „Die war gut, hat aber leider kein Mensch gekauft.“

Nur die größte Niederlage seines Lebens, die will er an diesem Abend nicht zum Thema machen. „Das war ganz sicher der November 1995.“ Da hatte ihn die Polizei gerade wegen Kokainbesitzes festgenommen.

Für das Konzert am 7. April gibt es noch Karten. Informationen unter der Telefonnummer: 25 48 89 99.

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