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Berlin: Die Currywurst ist so etwas wie der archimedische Punkt des neuen Berlins

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...vom fettigen Pappteller aus heben wir die Welt aus den Angeln. Jeder, sofern nicht Vegetarier, isst sie gern; eventuell noch abstinente Neu-Berliner werden sie gern essen lernen, aber zackzack! Jeglicher Streit um die Wurst beschränkt sich auf die Grundsatzfrage "Mit Darm oder ohne?", und sie ist praktisch das einzige Gericht, das Politiker im Wahlkampf öffentlich einnehmen dürfen, ohne sofort Stimmen zu verlieren.

Eine hübsche Sache also, die sofort erfunden werden müsste, wenn Hertha Heuwer das nicht schon 1949 für uns erledigt hätte. Gestern wurde die legendäre Wurstverkäuferin zu Grabe getragen, nach einem Leben bescheidenen Wohlstands. Die 30 Jahre in der Bude am Stuttgarter Platz und das Patent haben einiges abgeworfen, wenig angesichts der Tatsache, dass man in Amerika mit einem derartigen Genieblitz im Allgemeinen Milliardär zu werden pflegt.

Ein wenig rührend ist es dennoch, wenn jetzt Wurstforscher beklagen, die Erfinderin habe ihr "streng gehütetes Geheimnis mit ins Grab genommen". Tomatenmark, Wasser und zehn indische Gewürze - soviel wissen wir, aber wir wissen auch, dass die Mischung etwa zehn indischer Gewürze gemeinhin den Namen "Curry" trägt. So steht zu vermuten, dass es am Ende zwar den Mythos gab und die Wurst zum Mitnehmen, aber nicht das geringste Geheimnis.

Ohnehin geht die Zeit weiter. Das aktuelle Rezept lautet "Curry mit Pommes rot-weiß". Und Hertha Heuwer darf fast ein wenig froh sein, dass sie derlei Irrwege nicht mehr betreten musste.

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