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Berlin: Die Erben der Scherben

Ausstellung „Geschichte wird gemacht. Berlin am Kottbusser Tor“ zeigt den Kiez zwischen Stadtsanierung, Krawall und Multikulti

Barrikaden, Krawalle, Hausbesetzungen – das Gebiet ums Kottbusser Tor in Kreuzberg war in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder in den Schlagzeilen. Jetzt versucht die Ausstellung „Geschichte wird gemacht. Berlin am Kottbusser Tor“ im Kreuzberg-Museum die wichtigsten Momente der letzten 40 Jahren darzustellen. Entscheidend ist dabei für Martin Düspohl vom „Verein zur Erforschung der Geschichte Kreuzbergs“, dass „die Geschichte nicht aus der Perspektive von Ausstellungsmachern, sondern von den Bewohnern selbst über ihr Leben zwischen Protestbewegungen und Stadtsanierung erzählt wird“. Deshalb veröffentlichte sein Verein letztes Jahr, als das Gebiet aus der Stadtsanierung entlassen wurde, einen Aufruf. Über 60 junge und ältere Menschen, deutscher und nicht-deutscher Herkunft, meldeten sich.

So entdeckte man unter anderem ein riesiges Architektur-Modell des Gebiets von 1981. Den Fotos der Fassaden von damals stellen die Ausstellungsmacher die heutige Situation gegenüber. In Interviews erzählen die Bewohner der Häuser von den Veränderungen. Im zweiten Stock dreht sich alles um die verschiedenen Protestbewegungen der vergangenen 40 Jahre.

Ein Schwerpunkt ist die Entwicklung Rio Reisers und seiner Brüder mit „Hoffmanns Comic Teater“ von 1968 bis hin zur Band „Ton Steine Scherben“ und der Besetzung des „Georg-von-Rauch-Hauses“ am Mariannenplatz 1971. Mit „Agit-Prop“ versuchten sie, Arbeiterjugendlichen aus dem Kiez revolutionäres Bewusstsein nahezubringen. Dazu zeigt das „Umbruch-Bildarchiv“ Fotos und Plakate der Geschichte des 1. Mai im Stadtteil.

Schwierig war es, die überwiegend türkisch- und arabischstämmige Bevölkerung in den Hochhäusern südlich des Kottbusser Tors mit einzubeziehen. Doch schließlich sei dies mit Hilfe einer Schreibwerkstatt gelungen, sagt die Museumsmitarbeiterin Ulrike Treziak. „Sie erzählen ihre Geschichte ganz ander,s als wir erwarten.“ Nämlich sehr viel persönlicher und weniger an den politischen Ereignissen orientiert. Den besten Zugang zu Kreuzberger Türken fand das Ausstellungsteam, wenn es sich mit ihnen über ihre Wohnungen, die Einrichtung und ihre ganz private Geschichte unterhielten.

Bis 4. Mai im Kreuzberg-Museum, Adalbertstr. 95a, Mi bis So von 12 bis 18 Uhr

Christoph Villinger

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