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Berlin: Die Frage "Koalition oder Opposition?" spaltet die SPD tief. Und in Momper sieht auch keiner mehr als einen Senator oder Fraktionschef

Bei den Sozialdemokraten stehen vor der Klausurtagung des Landesausschusses die Zeichen auf Sturm. Über den Ausgang des "kleinen Parteitages" am Sonnabend gab es gestern unterschiedliche Einschätzungen.

Bei den Sozialdemokraten stehen vor der Klausurtagung des Landesausschusses die Zeichen auf Sturm. Über den Ausgang des "kleinen Parteitages" am Sonnabend gab es gestern unterschiedliche Einschätzungen. Offen ist, ob überhaupt ein Signal für Koalitionsverhandlungen mit der CDU oder für den Weg in die Opposition gesetzt wird. Die SPD ist in dieser Frage tief gespalten. Andererseits wird gedrängt, die Entscheidung rasch zu treffen. Manche setzen zumindest auf die Empfehlung für "Sondierungen" mit der CDU, die noch keine Verhandlungen wären, andere auf einen Sonderparteitag. Der Kreuzberger Kreisvorsitzende Andreas Matthae warnte vor "Machtkämpfen" im Landesausschuss zwischen Fraktionschef Klaus Böger auf der einen, Parteichef Strieder und dem gescheiterten Spitzenkandidaten Walter Momper auf der anderen Seite. Personalfragen müssten hintan stehen.

Der Ort der Klausurtagung wird bisher geheim gehalten. Eine Arbeitsgruppe soll für die Sitzung eine Analyse des Wahlergebnisses samt Perspektiven für eine inhaltliche, strategische und personelle Erneuerung erarbeiten. Der elfköpfigen Gruppe gehören Parteichef Peter Strieder, Fraktionschef Klaus Böger, fast alle Parteispitzen, Senatorin Gabriele Schöttler und einige Vertreter der Kreisverbände an. Strieder und Böger wollen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen forcieren. Der stellvertretende Parteivorsitzende Klaus Uwe Benneter, der "den Wählerauftrag in der Opposition" sieht, nannte es fraglich, ob man sich auf ein gemeinsames Papier werde einigen können. Der Lichtenberger Kreisvorsitzende und Baustadtrat Andreas Geisel, der wie Matthae zu den "Jungen Wilden" zählt und der Arbeitsgruppe angehört, sprach von einer schwierigen Gemengelage. Auch die Empfehlung für "Sondierungen" mit der CDU setze die Einigung auf ein überzeugendes Perspektivpapier voraus: "Wir brauchen ein Ziel, wo wir in fünf Jahren stehen wollen." Ein Problem sei, dass einige Kreisvorsitzende für Koalition seien, aber ihre Kreisvorstände sich für Opposition ausgesprochen haben, zum Beispiel in Spandau, Friedrichshain und Hohenschönhausen.

Indessen stößt die Initiative des Kreuzberger Abteilungsvorsitzenden Stefan Zackenfels für eine Urabstimmung der Parteimitglieder über die Koalitionsfrage auf wenig Gegenliebe. Selbst Matthae und andere, die in der Spitzenkandidatenfrage für die Urwahl waren, sprachen sich dagegen aus. In der Parteizentrale hieß es, die Parteigremien seien zur Entscheidung legitimiert.

Walter Momper, dessen Mandat als Spitzenkandidat mit der Wahl am Sonntag endete, will sich erst vor dem Landesausschuss über seine Vorstellungen äußern. Engere parteipolitische Freunde des Fraktionsvorsitzenden Böger empfahlen Momper den Rückzug. Im Landesausschuss gab es bereits am Montag zahlreiche Stimmen, dass er der falsche Spitzenkandidat gewesen sei. Gegen diese Sicht machen vor allem die jungen Funktionäre Front. Matthae sagte, das Wahlergebnis könne man unmöglich nur Momper anlasten. Für die Politik der vergangenen vier Jahre seien auch Klaus Böger, die Senatoren und der gesamte Geschäftsführende Landesvorstand verantwortlich. Ähnlich äußerte sich Matthias Linnekugel, der davor warnte, Momper "mit Schimpf und Schande davon zu jagen". Er werde schon wegen seiner guten Kontakte zur Kulturszene gebraucht. Keiner sieht jedoch Momper als Senator oder Fraktionschef. Erneuerung bedeute auch Verjüngung, hieß es. Bei der SPD gebe es ein "Generationsloch der Vierziger".

Eine starke Führungsperson zeichnet sich in der SPD nicht ab. Das Team Momper, Böger, Strieder, Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing hat sich als Führungsquadriga mit dem Ende des Wahlkampfes zunächst erledigt. Auch der Stuhl der Finanzsenatorin wackelt. Ob sie wieder für ihr Amt kandidieren darf, hängt, abgesehen von der Koalitionsfrage, von den inhaltlichen Schwerpunkten ab. Man könne den Finanz- und Modernisierungskurs nicht aufgeben, sagten Geisel und andere. Selbstkritisch hieß es, die SPD dürfe darüber nicht länger andere Themen vernachlässigen wie die Verkehrs-, Schul- und Sozialpolitik.

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