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Berlin: Die Friedrichshainer Fernbahnhof wird zum Shopping-Center mit Gleisanschluss - gestern war Richtfest

Der Mann hatte sich einen Zylinder aufgesetzt und rief von einer frisch betonierten Galerie in zehn Meter Höhe eine Reihe holpriger Verse ins Mikrofon. Den Handwerkern und Bauarbeitern auf der Baustelle machte das gestern gar nichts aus.

Der Mann hatte sich einen Zylinder aufgesetzt und rief von einer frisch betonierten Galerie in zehn Meter Höhe eine Reihe holpriger Verse ins Mikrofon. Den Handwerkern und Bauarbeitern auf der Baustelle machte das gestern gar nichts aus. Sie waren fest entschlossen, das Richtfest für den Umbau des Ostbahnhofes in vollen Zügen zu genießen. So kam es, dass Polier Jürgen Jegatka von seinen rund 100 Kollegen regen Applaus für seine Reime erhielt.

Vor zehn Monaten hat die Bahn damit begonnen, den Ostbahnhof umzubauen. Zunächst wurden Wände, Decken und Stützen entfernt, nach den Worten von Jörg Rossbach, der als Niederlassungsleiter der Firma Strabag für die Arbeiten verantwortlich ist, wanderten 8000 Kubikmeter Bauschutt auf die Deponie. Die Bauleute rissen allein 2000 Quadratmeter Fassade ab. Sie gossen 2500 Kubikmeter frischen Beton und verwendeten 200 Tonnen Stahl für die Bewehrung. Inzwischen sind 2000 Quadratmeter neue Wände gemauert, kilometerweise Kabel und Leitungen gelegt. Bis zur Fertigstellung werden die Fußbodenleger 15 000 Quadratmeter Linoleum anbringen. Die Bahn lässt sich das Ganze 63 Millionen Mark kosten und rechnet nach dem Abschluss der Arbeiten im zweiten Quartal des Jahres 2000 mit 110 000 Besuchern pro Tag. Fahrgäste und Besucher werden im neuen Ostbahnhof nicht nur ein Reisezentrum der Bahn, einen Service-Point, ein WC-Center und moderne Schließfächer für die Koffer finden, sondern auch zahlreiche neue Geschäfte, Bistros und Restaurants. Hinter der voll verglasten Fassade der Eingangshalle soll es auf drei Etagen 45 Fachgeschäfte, Dienstleistungsbetriebe und Gaststätten geben. Läden werden in der Eingangshalle und in der anschließenden Minerva-Passage eingerichtet, die den Bahnhof mit einem modernen Gebäude für Büros und einem neuen Inter-City-Hotel verbindet. Das Hotel soll im Dezember 1999 eröffnet werden. Nach Angaben der Bahn bezieht sie einen Teil der Büros mit insgesamt 11 000 Quadratmeter Fläche selbst. Die Büroflächen sind vollständig vermietet. Die Bahn räumte gestern ein, dass sie mit ihren Plänen um zwei Monate in Verzug geraten ist. Eigentlich sollten die Ladenflächen in diesen Tagen zum Ausbau an die Mieter übergeben werden. Probleme bei den Arbeiten führten dazu, dass die Übergabe auf Dezember verschoben werden muss.

Vier S-Bahnstationen entfernt liegt der Bahnhof Lichtenberg, der seit dem Frühjahr gleichfalls Baustelle ist. Die Bahn steckt 34 Millionen Mark in den Umbau. In zehn Wochen soll die Empfangshalle wieder eröffnet werden. Jeden Tag wird mit bis zu 60 000 Reisenden und Besuchern im Bahnhof Lichtenberg gerechnet. Sie können vom nächsten Frühling an im Bahnhof einkaufen, Geld abheben, Kaffee trinken und essen gehen. Auf drei Etagen mit 4750 Quadratmeter Nutzfläche werden 25 Fachgeschäfte, Dienstleistungsbetriebe, Restaurants und Cafés eröffnet. Für die Bewohner der Umgebung dürfte der neue Supermarkt im Erdgeschoss interessant sein. Außerdem wird es einen großen Drogeriemarkt geben, eine Apotheke und die traditionelle Buchhandlung im Bahnhof. Laut Bahn-Sprecherin Marlene Schwarz sind noch zahlreiche Ladenflächen frei.

Michael Brunner

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