zum Hauptinhalt

Berlin: „Die Fusion muss Vorrang haben“ Ziegler: Sparkurs wird Aufgabe des gemeinsamen Landes INTERVIEW

Teilen Sie die Einschätzung des Berliner Finanzsenators Sarrazin, dass die ungeklärten Finanzprobleme das größte Problem für die Vereinigung der beiden Länder sind? Ja, uneingeschränkt.

Teilen Sie die Einschätzung des Berliner Finanzsenators Sarrazin, dass die ungeklärten Finanzprobleme das größte Problem für die Vereinigung der beiden Länder sind?

Ja, uneingeschränkt. Um so wichtiger ist es, in beiden Ländern einen konsequenten Konsolidierungskurs durchzuhalten, wo nötig auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Es geht in Berlin wie Brandenburg um die Rückbesinnung auf die staatlichen Kernaufgaben. Allerdings ist es uns in Brandenburg in den letzten Jahren schon gelungen, die Ausgaben stabil zu halten. Die wegbrechenden Einnahmen müssen jedoch zusätzlich kompensiert werden. Das ist ein schmerzhafter Prozess.

Bislang galt, dass bis zur Volksabstimmung über die Fusion 2006 die Länder ohne neue Schulden auskommen müssen. Ist dieses Ziel noch realistisch?

Angesichts der sinkenden Einnahmen ist es nicht mehr realistisch, die Neuverschuldung bis 2006 auf Null zu senken. Es wird länger dauern als bisher geplant.

Ist damit der Fusionsfahrplan Makulatur?

Nein, die Fusion muss Vorrang haben. Es geht darum, der Hauptstadtregion eine zukunftsfähige Struktur zu geben. Darin liegen auch finanzielle Chancen, die wir nutzen müssen. Es ist unbestritten, dass ein gemeinsames Land mit einer schlanken Verwaltung die Aufgaben unbürokratischer und effektiver lösen kann. Das hätte deutliche Spareffekte für die gemeinsame Landeskasse. Deshalb müssen wir jetzt die richtigen Entscheidungen treffen.

Aber das heißt, dass 2006, wahrscheinlich auch 2009 die Haushaltskonsolidierung in beiden Ländern nicht abgeschlossen sein wird?

Davon ist auszugehen. Die Konsolidierung der Finanzen wird auch eine Aufgabe des gemeinsamen Landes sein. Aber die Bürger in beiden Ländern müssen die Gewissheit haben, dass sich die Situation durch die Fusion nicht verschlechtern, sondern verbessern wird.

Also gilt nicht mehr der Grundsatz: Erst sparen und konsolidieren, dann fusionieren?

Es ist ein paralleler Prozess. Wir müssen konsequent konsolidieren, aber gleichzeitig am Fusionsfahrplan festhalten, die künftigen gemeinsamen Strukturen vorbereiten, die Förderpolitik und die Landesprogramme schon jetzt aufeinander abstimmen. Ich teile die Auffassung von SPDFraktionschef Gunter Fritsch, dass die notwendigen Konsolidierungsschritte der Fusion nicht im Wege stehen dürfen. Die derzeitige Diskussion darüber ist nicht wirklich hilfreich. Klar ist, dass eine Fusion den Sanierungskurs in beiden Ländern befördern kann.

Tatsächlich hat Berlin aber schon jetzt dreimal so hohe Schulden wie Brandenburg und will jetzt sogar noch höhere Kredite aufnehmen als geplant. Muss Berlin seine Hausaufgaben besser erledigen?

Wenn wir die Brandenburger für die Fusion gewinnen wollen, müssen wir diesen Prozess kritisch begleiten. Es wäre nicht vermittelbar, dass Brandenburg seine Sparbemühungen nach der Fusion noch einmal wiederholen muss, weil Berlin seine Hausaufgaben möglicherweise nicht geleistet hat. Wir können die Berliner Aufgabe nicht übernehmen. Vielmehr ist eine paritätische Entwicklung notwendig. Die Bürger werden genau beobachten, ob die Berliner Sparbemühungen von Erfolg gekrönt sein werden.

Kann Berlin das allein schaffen?

Die Stadt wird auf Bundeshilfe angewiesen sein. Außerdem darf das Stadtstaatenprivileg bei einer Fusion nicht verloren gehen.

In Brandenburg wird befürchtet, dass bei einer Fusion die ausblutenden Randregionen endgültig aufgegeben werden?

Berlin trägt trotz aller eigenen Probleme für eine gleichmäßige Entwicklung der Gesamtregion eine Mitverantwortung. Derzeit werden Interessen oft noch getrennt wahrgenommen, gibt es zum Beispiel einen Dissens über die Ansiedlung des gemeinsamen Finanzgerichtes in Cottbus. Aber solche Interessenunterschiede bestehen auch in Brandenburg selbst. Tatsache ist aber, dass ein starkes gemeinsames Land die Chancen auch für die Randregionen verbessert.

Das Gespräch führten Michael Mara und Thorsten Metzner

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false