zum Hauptinhalt

Berlin: Die ganze Welt im Film

Jubiläum ohne große Party: Seit 20 Jahren gibt es das „Panorama“ der Berlinale. Regisseur Wieland Speck hat es mitbegründet – wie den „Teddy“-Preis

Manchmal sind Devotionalien ausgesprochen profan. So wie im Büro von Wieland Speck. Der Leiter der Berlinale-Sektion Panorama verwahrt das kleine Heiligtum aus bräunlich-beigem Plastik und der Edding-Aufschrift „Panorama“ auch jetzt noch in allen Ehren auf, wo es schon längst den Geist aufgegeben hat. „Es gibt sie immer noch“, sagt er, schmunzelt, und fährt mit der rechten Hand darüber: „Ich kann doch die Kaffeemaschine nicht einfach wegschmeißen.“

Die Panorama-Kaffeemaschine ist im Festivalbüro Kult. Vor allem in diesem Jahr. Denn das Panorama findet zum 20. Mal statt. Zeit für Erinnerungen. Zeit auch, um die Kaffeemaschine, die Wieland Speck und seinen Vorgänger, Panorama-Gründer Manfred Salzgeber, über viele nächtliche Diskussionen gerettet hat, wieder nach vorne ins Regal zu stellen. Für die Gespräche, die Speck führt, um allen Filmemachern gerecht zu werden, mit ihnen zu diskutieren, ob ihr Film ins Programm passt oder nicht, kommt der Kaffee heute aus einer modernen Espressomaschine.

Und erklären muss Wieland Speck auch im 20. Jahr noch eine ganze Menge. Denn das Panorama-Profil ist nicht leicht auf einen Nenner zu bringen. So lief zum Beispiel Kevin Spaceys Film „Beyond the Sea“ in der gleichen Reihe wie der argentinische Beitrag „Un ano sin Amor“ mit einer Geschichte aus der SM-Szene in Buenos Aires. Spaceys Film wurde schon auf dem Filmfestival in Toronto gezeigt; das ist ein Ausschlusskriterium für den Berlinale-Wettbewerb, und so ist sein Platz im Panorama.Wieland Speck versucht die Mischung so zu erklären: „Im Panorama zeigen wir die Welt, wie sie ist.“

In Abgrenzung zu anderen Sektionen hat sich das Panorama immer als Platz für das so genannte Minderheitenkino verstanden. Manfred Salzgeber, der vor zehn Jahren an Aids gestorben ist, und Speck etablierten hier das erste schwul-lesbische Profil in einem der großen Filmfestivals, anfangs belächelt, heute geschätzt. Die Konsequenz: Weltweit beachtete Regisseure haben in Berlin ihre Filme vorgestellt, und nicht in Cannes oder Venedig: Pedro Almodovar zum Beispiel, oder Ang Lee und Gus van Sant.

Eine der Keimzellen des Panoramas ist ein Kino in Kreuzberg: das Moviemento. Hinter der Fassade am Kottbusser Damm verbirgt sich eines der ältesten Kinos der Stadt, seit 1907 ist es in Betrieb. Wieland Speck machte hier in den 70ern Programm, da hieß das Kino noch „Tali“. Und als engagierter Programmmacher kam er mit Manfred Salzgeber in Kontakt, der einen ähnlichen Job im „Arsenal“, der Heimstatt der Freunde der Deutschen Kinemathek übernommen hatte. Das Kino am Kottbusser Damm ist übrigens auch einer der Ursprünge für den Begriff „Kintopp“. Denn der erste Betreiber des Kinos war der Gastwirt vom Erdgeschoss, Alfred Topp.

Eine Party zum Jubiläum gibt es nicht. Auch die Verleihung des schwul-lesbischen Filmpreises „Teddy“, ebenfalls von Salzgeber und Speck mitgegründet, fällt in diesem Jahr kleiner aus, statt Gala im Tempodrom, eine kleine Verleihungsparty im Kino „International“. Sponsoren seien abgesprungen, sagt Speck, aber das solle im kommenden Jahr wieder anders werden. Denn dann wird der „Teddy“ zum 20. Mal verliehen. Grund genug, ihn wieder opulent zu feiern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false