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Berlin: Die Grippe kommt - der Impfstoff ist alle

BERLIN .In Berlin ist der Impfstoff gegen die "Sydney-Grippe" ausgegangen.

BERLIN .In Berlin ist der Impfstoff gegen die "Sydney-Grippe" ausgegangen.Viele Ärzte schicken ihre Patientin ohne Schutzimpfung nach Hause.Die Vorräte beim Großhandel sind seit voriger Woche erschöpft.Wann Nachschub kommt, ist ungewiß, das Serum ist nur sehr zeitaufwendig herzustellen.Die Ärzte sind vom Ansturm völlig überrascht worden.Derzeit gibt es in Berlin lediglich sieben gesicherte "Sydney"-Fälle, die Dunkelziffer soll aber hoch sein.Eine Meldepflicht gibt es nicht.Lebensgefährlich ist die Grippe nur für geschwächte Menschen.

Viele haben Angst vor der in England grassierenden Grippe, die zuerst in Sydney beschrieben worden ist."Wir sind auf eine Epidemie vorbereitet", sagt Sprecher Christoph Abele.Zusätzliche Betten könnten kurzfristig bereitgestellt werden.

Schutz bietet nur eine Impfung per Fertigspritze."Meine Apotheke kann mir nicht sagen, wann es Nachschub gibt", sagt ein Arzt.Denn auch die Apotheken wissen nicht, wann der Großhandel wieder liefern kann.Das Mittel läßt sich nur schwer herstellen, zudem muß jede einzelne Charge vom Paul-Ehrlich-Institut abgenommen werden, sagt Norbert Bartetzko vom Berliner Apothekerverband.Der Apotheker hofft, daß es noch in dieser Woche wieder eine Lieferung gibt; ob auch in ausreichender Menge, sei ungewiß.

Das Robert-Koch-Institut empfiehlt allen gefährdeten Personen, sich gegen die Virusgrippe impfen zu lassen.Gefährdet seien Kinder, Menschen über 60, Raucher, chronisch kranke und diejenigen, die mit vielen Menschen zusammenkommen.Etwa 10 bis 14 Tage nach der Impfung wirkt der Schutz.

Die Allgemeinmedizinerin Johanna Ebert aus Lichterfelde hatte vorgesorgt: "Ich habe alle Apotheken in der Umgebung angerufen und gehortet." Ihr Verbrauch ist immens.Statt der üblichen fünf bis sechs Patienten hat sie in den vergangenen Tagen jeweils 20 geimpft.Bei den meisten ihrer Kollegen ist der Impfstoff längst alle.Bei Jürgen Schmidt gibt es seit Montag keine Spritzen mehr.Auch er hatte in der vergangenen Woche weit mehr Menschen geimpft als üblich.Nach den Zeitungsberichten über die Grippe-Epidemie in England habe es eine richtige Massenhysterie gegeben, sagt der Friedrichshainer Arzt.

Die Grippewelle hat Berlin noch nicht richtig erreicht, sagt Edgar Muschketat vom Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin, das bundesweit eines der beiden für Grippe zuständigen Institute ist."Die Zahlen sind noch nicht dramatisch, aber niemand kann sagen, wie es sich bis Ende März entwickelt." Die letzte große Epidemie suchte Deutschland im Winter 95/96 heim, damals waren etwa acht Millionen Menschen betroffen - und etwa 7000 bis 10 000 Menschen starben an den Folgen.

Den Impfstoff-Mangel hält Muschketat nicht für verwunderlich: Das Serum ist nicht lange haltbar und zudem im kommenden Grippe-Winter nicht mehr zu gebrauchen, weil sich die Grippeviren ständig verändern.Deshalb ist auch eine Impfung vom vergangenen Winter nicht mehr sicher wirksam.Gegen eine einfache Erkältung hilft die Impfung ohnehin nicht.

JÖRN HASSELMANN

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