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Berlin: Die Grünen denken bereits an 2006

Der Landesparteitag will am Sonnabend den Vorstand wählen – es ist eine erste Weichenstellung für die kommenden Wahlkämpfe

Von Sabine Beikler

Kopf allein genügt nicht. Berliner Grüne treffen viele Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Als die Fraktion in der vergangenen Woche ihre Spitze wählte, ließ sie Sibyll Klotz – die zu den renommiertesten Grünen im Landesverband gehört – bei der Wahl zur Fraktionschefin fast durchfallen. Warum? Die Gruppendynamik hat nicht gepasst: Einige nahmen Klotz übel, dass sie ihren Rückzug aus der Berliner Politik für 2006 angekündigt hatte. Am Sonnabend steht bei den Grünen die nächste Wahl an. Diesmal geht es um die Landesvorsitzenden Almuth Tharan und Till Heyer-Stuffer. Beide treten wieder an. Auch hier rumort es bei einigen Parteimitgliedern im Bauch. Die Führungsstärke des Duos wird kritisch gesehen: Moderieren allein genügt nicht, heißt es in der Partei.

Die Wahl des Landesvorstands ist für die Grünen von großer strategischer Bedeutung: Diese Mannschaft muss die Partei 2006 durch das Wahljahr mit Bundestags-, Abgeordnetenhaus- und Bezirksverordnetenwahl führen. Tharan und Heyer-Stuffer haben für 2006 gemeinsam mit dem Grünen-Landesausschuss sechs inhaltliche „Offensiven“ festgelegt: Bildung, Ökologie, Integration, Kultur und Medien, Gesundheit sowie Wissenschaft und Wirtschaft. Den „großen Wurf“ aber haben sie als Parteichefs nicht geschafft: zum Beispiel eine von vielen Grünen gewünschte Diskussion über ihre Rolle als Hauptstadtpartei.

Parteichef bei den Grünen zu sein, ist ein undankbarer Job: Durch die traditionelle Trennung von Amt und Mandat ist die Außenwirkung der Parteispitze immer schwächer als die der Fraktion. Auch wenn die Parteimitglieder vor zwei Jahren beschlossen hatten, ihre Vorsitzenden als hauptberuflich Tätige zu bezahlen: Wer in der Partei Karriere machen will, der muss in die Fraktion. Bei den Wahlen zum Parteirat ist Heyer-Stuffer auf dem letzten Grünen-Bundesparteitag in Kiel gescheitert.

Personalfragen rücken bei den Grünen immer mehr in den Vordergrund: Im Januar 2006 ist die Listenaufstellung für den Bundestag, im März 2006 folgt die Landesliste für das Abgeordnetenhaus. Gesetzt ist Verbraucherschutzministerin Renate Künast auf Platz eins der Landesliste für den Bundestag, danach ist noch alles offen. Am liebsten wäre es vielen Grünen, wenn Sibyll Klotz noch einmal als Spitzenkandidatin für das Abgeordnetenhaus antreten würde – falls diese sich nicht für den Bundestag entscheidet. Auch die frühere EU-Kommissarin und Finanzexpertin Michaele Schreyer wird genannt. Die aber hält sich zurück: „Erst mal muss ich hier in Berlin ankommen.“ Ihre Kandidatur würden viele gern sehen, aber bis es vielleicht so weit ist, wird die Partei noch viele kopf- und bauchbetonte Diskussionen führen.

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