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Berlin: Die Grünstraße

Im Hansaviertel fahren Autos auf einer Fläche, die eigentlich ein Park ist. Bezirk will das ändern.

So sieht im Hansaviertel eine geschützte Grünanlage aus: Sie besteht aus einer mehrere hundert Meter langen Kopfsteinpflasterstraße, etwa zwei Dutzend Parkplätzen und einigen Mülltonnen hinter Gittern. Ganz am Rand der Straße sprießt sogar etwas Grün. Die seltsame „Grünanlage“ hat bereits das Verwaltungsgericht beschäftigt.

Vor kurzem hatten die Mitarbeiter im Bezirksamt Mitte nämlich bemerkt, dass die „Grünanlage“ seit 1979 illegal von Autos befahren wird. Damals sei ein ehemaliger Wirtschaftsweg unmittelbar an der Trasse der S-Bahn nördlich der Station Tiergarten zur Grünanlage umdeklariert worden, teilte das Bezirksamt den Anwohnern mit. Dies sei im Amtsblatt veröffentlicht worden. Mehr aber hat sich seither nicht getan; die Straße ist immer noch vorhanden und wird von den Anwohnern als Zufahrt zu Parkplätzen und von der Müllabfuhr genutzt. Auch Rettungsfahrzeuge könnten so fast direkt vor die Haustüren der zur Internationalen Bauausstellung 1957 gebauten Häuser an der Klopstockstraße fahren, argumentieren Anwohner, die die Straße behalten wollen. Das Durchfahren der Straße, die die Klopstockstraße mit der Bachstraße verbindet, ist durch entsprechende Schilder verboten; Anwohnerverkehr ist jedoch laut Zusatzschild amtlich zugelassen.

Für das Bezirksamt ist das Sträßchen jedoch keine Straße. Hierzu fehlten die „wesentlichen Eigenschaften“ wie Bordkanten, Straßenabläufe, Entwässerung und Gehwege. Leuchten allerdings sind vorhanden. Am Ende des ehemaligen Wirtschaftswegs an der Unterführung der Stadtbahn gibt es in der Tat eine Grünanlage, die ebenfalls als geschützt ausgewiesen ist. Dies gelingt dort so gut, dass der schmale Weg für Passanten fast zugewachsen ist

Die ihrer Ansicht nach illegale Nutzung der „Grünanlage“ haben die Mitarbeiter des Bezirksamts im vergangenen Winter entdeckt, nachdem Anwohner sich wegen nicht erfolgter Schneebeseitigung beschwert hatten – in der Annahme, hier gebe es eine öffentliche Straße. Da es für das Bezirksamt aber eine öffentliche Grünanlage ist, entfällt die Pflicht, Schnee und Eis zu entfernen.

Um die „Grünanlage“ nun wirksam vor dem Befahren zu schützen, wollte das Bezirksamt die jeweiligen Zufahrten durch Poller sperren. Das von einer Hausverwaltung angerufene Verwaltungsgericht hat dies allerdings zunächst gestoppt. Als sich abzeichnete, dass die Anwohner mit ihrer Klage erfolgreich sein könnten, gab die Verwaltung vor Gericht auf. Ob die angebliche Grünanlage nun doch eine Anwohnerstraße bleibt, teilte das Bezirksamt auch auf mehrmalige Anfrage nicht mit. Man wolle sich derzeit nicht äußern, hieß es nur. Klaus Kurpjuweit

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