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Heinz Ehrhardt darf in „Die Herren mit der weißen Weste“ ganz Heinz Ehrhardt sein. Der Schaffner war eine BVG-Institution.

©  Kai-Uwe Heinrich

"Die Herren mit der weißen Weste": Zänker’s Eleven: Berlin-Filmklassiker neu aufgelegt

Hertha und Alliiertenpanzer: die Gaunerkomödie „Die Herren mit der weißen Weste“ wird digital aufgefrischt und fürs Heimkino auf DVD neu aufgelegt. Mit dabei: Mario Adorf, Heinz Ehrhardt und die junge Hannelore Elsner.

„Ha, ho, he – Hertha BSC!“ Das Spiel läuft gut für die Gastgeber, Heimspiel im Olympiastadion, ausverkauftes Haus. Spannend geht es zu auf dem Rasen, auch die Verwalter der Stadionkasse gönnen sich einen Blick nach draußen, das Geld ist ja im Nebenraum gut weggesperrt. Und doch ist es plötzlich futsch, 226.000 Mark in Luft aufgelöst, eine Katastrophe – oder, wie einer der Hertha-Bosse jammert, „für den Verein ein härterer Schlag als drei verlorene Heimspiele“.

Würde so heute kaum noch jemand zu sagen wagen, der es sich mit den Fans nicht ein für alle Mal verderben will. Aber die Szene liegt schließlich schon viele Jahre zurück, 1969 bei realem Spielverlauf gedreht für Wolfgang Staudtes Gaunerkomödie „Die Herren mit der weißen Weste“. Reine Fiktion also, dennoch nehmen manche Menschen dergleichen sehr ernst.

So sehr, dass sich vor Jahren, als der Film mal wieder im Fernsehen gezeigt wurde, auf der Website von Eintracht Frankfurt eine lange Debatte darüber entspann, ob denn wohl die Eintracht damals der Gegner Herthas gewesen sei und wenn ja, in welchem Spiel. Manches sprach für das vom 11. März 1969. Es endete 2:0 für Hertha, dank eines Tores von Hermann Bredenfeld und eines Eigentores von Eintrachtler Bernd Hölzenbein.

"Ocean's Eleven" im Sechziger-Jahre-Format

Wer will, kann die entsprechenden Szenen jetzt jederzeit zu Hause in guter Qualität begutachten, dank der vom Film- und Hörspielverlag Pidax-Film neu herausgegebenen, digital veredelten „Remastered Edition“. Ein Kinospaß in der Tradition amerikanischer Gaunerkomödien – oder ein Vorgriff auf „Ocean’s Eleven“ im West-Berliner Format der späten sechziger Jahre.

Martin Held spielt den pensionierten Richter Herbert Zänker, Mario Adorf seinen Gegenspieler, den aalglatten Boxpromoter und Möchtegern-Gangster Bruno Stiegler, der Zänker immer wieder durch die Lappen ging, zuletzt aber doch seiner gerechten, freilich nicht ganz legal erzielten Strafe zugeführt wird. Weiter dabei sind Walter Giller, Heinz Ehrhardt, Rudolf Platte, Willy Reichert, Agnes Windeck und Hannelore Elsner.

Eine erstklassige Besetzung also, die Staudte besonders gereizt hatte. Der hatte sich kurzfristig, nach dem Desaster des von ihm produzierten Films „Heimlichkeiten“ schon finanziell dazu gezwungen, auf das für ihn untypische, kaum zeitkritische Projekt eingelassen. „Unterhaltung, gute Unterhaltung, ein bisschen Amüsement und Heiterkeit“ – so hatte der Regisseur sein Anliegen beschrieben und fast entschuldigend hinzugefügt: „Das sind ganz legitime und ganz und gar nicht überflüssige Dinge, auf die das Kino auch in den 70er Jahren nicht verzichten kann.“

Amüsante Rückkehr ins alte West-Berlin

Das hat er so gut umgesetzt, dass selbst der große Friedrich Luft sich zu fast so etwas wie Lob hinreißen ließ: „Der Rezensent ist ehrlich genug zuzugeben: Er hat selbst, wenn auch nicht besten Gewissens, mehrfach lachen müssen.“

Vor allem aber ist der Film eine Rückkehr ins alte West-Berlin. „Bitte zweimal Budapester“, ordert Heinz Ehrhardt im Großen Gelben die Fahrscheine beim Schaffner – eine BVG-Institution, die vereinzelt noch bis 1981 Bestand hatte. In Stieglers Büro wird für einen Boxkampf im Sportpalast geworben, und seine Wohnung am Flughafen Tegel findet Pietsch (Rudolf Platte) „ein bisschen laut, aber billig“, die Hälfte zahle der Senat.

Der finale Einbruch schließlich wäre ohne die Hilfe der Alliierten kaum möglich gewesen: Dank ihrer jährlichen Parade, dem Dröhnen der Panzer über den Asphalt, muss auch bei dem als Opfer auserkorenen Juwelier in der Bismarckstraße die Alarmanlage ausgeschaltet werden. Damit schlägt Bruno Zieglers Stunde – allerdings nicht so, wie er sich das vorgestellt hat.

„Die Herren mit der weißen Weste“. DVD, Regie: Wolfgang Staudte. 90 Minuten, Pidax-Film. Infos unter www.pidax-film.de

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