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Berlin: Die Ich-AG wird zum Erfolgsmodell Immer mehr Menschen wagen in Berlin mit Hilfe des Arbeitsamts den Sprung in die Selbständigkeit

Von Anne Seith und Heiko Wiegand Die Ich-AG in Berlin boomt. Exakt 2605 Menschen haben sich seit Januar auf diese Weise selbstständig gemacht.

Von Anne Seith

und Heiko Wiegand

Die Ich-AG in Berlin boomt. Exakt 2605 Menschen haben sich seit Januar auf diese Weise selbstständig gemacht. Nur in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Sachsen gab es mehr Gründungen – alles Länder mit erheblich höheren Einwohnerzahlen als Berlin. Die Hauptstadt – bundesweiter Vorreiter in Sachen Selbständigkeit? Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) sieht dafür viele Anzeichen: „Neben den 2605 Ich-AG-Gründern gab es in diesem Jahr auch 4800 zusätzliche Existenzgründungen. Das sind 36 Prozent mehr als im Vorjahr.“ Dies sei aber auch auf „die problematische Diskrepanz zwischen offenen Stellen und Arbeitssuchenden zurück zu führen“, formuliert der Senator. Im Klartext: In Berlin gibt es zu viele Arbeitslose und zu wenig Stellenangebote. Der Gang in die Selbständigkeit aus Verzweiflung?

Olaf Möller, Sprecher des Landesarbeitsamtes, setzt darauf, dass in vielen Arbeitslosen der Unternehmergeist schlummere – und nur geweckt werden müsse. Die Idee der Selbstständigkeit, so Möller, müsse in Deutschland viel stärker propagiert werden. Gerade in Berlin lebten viele innovative Menschen. Zum Jahresbeginn habe es mit dem Programm noch Anlaufschwierigkeiten gegeben, die nach Ansicht des Arbeitsamtssprechers vor allem auf mangelnde Öffentlichkeitsarbeit beruht habe. Inzwischen habe es in Berlin deutliche Fortschritte gegeben. „Allein von März bis April ist die Zahl der Ich-AG-Gründungen von 611 auf 1319 gestiegen“, sagt Olaf Möller. Gehe diese Entwicklung so weiter, sei die Zahl von 9000 Ich-AGs, wie Anfang des Jahres prognostiziert, nicht mehr unrealistisch. Zudem wären seit Jahresbeginn nur 100 Ich-AG-Gründer mit ihrer Idee gescheitert – das sei ein geringer Prozentsatz angesichts der Gesamtzahl, meint der Behördensprecher.

Dennoch könnte noch einiges besser werden, glaubt Wirtschaftssenator Harald Wolf. „Die Ich-AGs müssen so unterstützt werden, dass sie auch langfristig lebensfähig sind.“ Die Angebote der Arbeitsverwaltung, Existenzgründer durch Seminare etwa im Bereich Betriebswirtschaftslehre oder Buchführung fortzubilden, müssten verbessert werden. Auch Arbeitsamtssprecher Olaf Möller räumt ein: „Wir müssen mehr Werbung machen für unsere Angebote etwa im Bereich der Kundenakquise. Die Arbeitsämter bieten solche Kurse bereits kostenlos an, aber sie müssen noch bekannter werden.“ Nur so lasse sich vermeiden, dass Gründer mit falschen Konzepten und unrealistischen Hoffnungen antreten. Das Arbeitsamt prüft bei der Gründung der Ich-AG nämlich nicht die Idee der Kandidaten. Und genau darin – da sind sich Wolf und Möller einig – liegt auch das Risiko der Hartz-Idee von der Ich-AG.

Anne Seith, Heiko Wiegand

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