zum Hauptinhalt

Berlin: Die Informationen sind frei – aber sie kosten Gebühren

Seit Anfang des Jahres darf jeder die Akten von Bundesbehörden einsehen Für Berliner Ämter gilt die Auskunftspflicht schon länger

Mit wem sich der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, am 12. April gegen 21 Uhr wohl getroffen hat? Das wollte ein Journalist gerne wissen. Also stellte er eine Anfrage beim Büro des Regierenden. Sein Anliegen auf Einsicht in den dienstlichen Terminkalender von Wowereit begründete er mit dem „Allgemeinen Akteneinsichtsrecht laut Berliner Informationsfreiheitsgesetz“. Das verpflichtet die Berliner Behörden seit 1999 dazu, jedem Bürger Einblick in Verwaltungsvorgänge zu geben, auch wenn er in dem konkreten Fall nicht unmittelbar persönlich betroffen ist.

Dieses wichtige Gesetz gilt seit 1. Januar in ähnlicher Form auch für die Akten der Bundesbehörden. Doch kaum ist das neue Bundesgesetz in Kraft, sorgt es auch schon für Diskussionen. Denn für die Akteneinsicht können den Interessenten Kosten in Höhe von maximal 500 Euro in Rechnung gestellt werden. Dies sieht eine Verordnung so vor, die vom Bundesinnenministerium vorbereitet wird. Hohe Gebühren gelten auch für die Akteneinsicht in Berlin: Laut Informationsfreiheitsgesetz können die Behörden Bescheide zwischen 10,23 Euro bis 511,29 Euro erlassen.

„Bisher sind uns keine Beschwerden über extra hoch angesetzte Gebühren bekannt“, sagt Anja-Maria Gardain, Sprecherin beim Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Oft hätten die Behörden aber Schwierigkeiten damit, den Gebührenrahmen richtig auszulegen. Deshalb habe man zusammen mit der Senatsverwaltung für Inneres eine Gebührenstaffel ausgearbeitet, die noch vor der Sommerpause erlassen werden könnte.

Strittig sei oft außerdem, welche Akten an wen herausgegeben werden dürfen: So sei Berliner Häftlingen das Recht auf Akteneinsicht verwehrt worden, „als ob diese keine Bürgerrechte mehr haben dürften“, so Gardain. Die Senatsverwaltung für Justiz beruft sich dagegen auf Bundesgesetze, die das Berliner Einsichtsrecht für Häftlinge aufheben. Auch in der Streitfrage, ob der Regierende seinen dienstlichen Terminkalender offen legen muss, hat man beim Beauftragten für Informationsfreiheit einen klaren Standpunkt: Der Kalender sei wie eine Akte, auch dafür gelte das Einsichtsrecht.

Im ersten Jahr nach Einführung des Berliner Gesetzes hat es 160 Anfragen bei Senats- und Bezirksstellen gegeben. Ein Bürger wollte beispielsweise das Protokoll über einen nächtlichen Kneipen-Einsatz der Polizei einsehen – und bekam die Aufzeichnungen auch. Ein anderer Neugieriger erfuhr durch Akteneinsicht den Krankenstand von Ärzten einer städtischen Klinik. Sogar ein Museum legte den Kaufvertrag für ein Gemälde offen; eine Besucherin hatte vermutet, dass das Kunstwerk ursprünglich aus dem Besitz ihrer Familie stammte.

Probleme bei der Bearbeitung von Einsichtsbegehren gibt es laut Senatsinnenverwaltung bei komplizierten Fällen mit zahlreichen Akten, deren Inhalte teilweise geschwärzt werden müssen. Denn das Recht auf Akteneinsicht wird durch Ausnahmen stark eingeschränkt.

Ob auch die dienstlichen Abendtermine des Regierenden Bürgermeisters das Geheimnis seines Büros bleiben, ist noch nicht ausgemacht. Der Streit mit dem neugierigen Journalisten endete im Mai vor dem Verwaltungsgericht Tiergarten zwar zugunsten von Wowereit. Doch der Journalist legte gegen das Urteil Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht ein. Er hofft, dass die Informationsfreiheit aus den USA Schule macht: Dort erhielt ein Reporter Einblick in den beruflichen Terminkalender von George W. Bush und zeigte daran, dass es um dessen Arbeitsmoral nicht gar so gut bestellt ist.

Zur Startseite