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Berlin: Die Insel der jungen Segler

Der Club „Frithjof-Haveleck“ auf Valentinswerder im Tegeler See hat eine der besten Jugendabteilungen – mit einem restaurierten Schiff für Wanderfahrten.

Stille Wasser sind tief – diese Weisheit passt auf die Gemeinde der Segler in Berlin. Denn wer würde vermuten, dass die Stadt mit mehr als elftausend Segelsportlern aufzuwarten hat, gleich drei Olympische Teams nach Athen geschickt hat und über sechs offizielle Segelbezirke verfügt? Bei einem Spaziergang entlang der Havel, am Wannsee oder Müggelsee sieht man jetzt zum Saisonauftakt überall weiße Segel. Auf der Insel Valentinswerder im Tegeler See gehen vor allem junge Leute an Bord.

Drei Jugendliche des Segelclubs Frithjof-Haveleck (SCF-H) machen sich an der Ketsch „Peter Robert“ zu schaffen. Die Sonne scheint, der Wind bläst mäßig – ideales Wetter, um einen kurzen Segeltörn auf dem Tegeler See zu wagen. In der Bootshalle des Vereins lackieren derweil drei Mädchen den Rumpf eines anderen Segelbootes. Das Schiff wurde den Winter über restauriert und soll in den nächsten Tagen startklar sein. Vor dem Clubhaus sitzen der Vereinsvorsitzende, Wolfgang Sawade, und sein Jugendwart, Jochen Haefke, und beobachten den Fortschritt.

Schon seit langem ist der Verein für seine besondere Jugendarbeit bekannt. Im vorigen Jahr wurde er vom Berliner Segler-Verband für die „Coolste Jugendarbeit 2004“ ausgezeichnet. Junge Regattasportler auszubilden lohnte sich für den kleinen Verein nicht – spätestens im Jugendalter wechselte der Nachwuchs zu finanzkräftigeren Vereinen. Also suchte der SCF-H eine Alternative und fand sie in Form der „Peter Robert“. 1997 für eine symbolische Mark vom BSV erstanden, restaurierte die Jugendabteilung das Schiff und segelte zwei Jahre später damit nach Mecklenburg-Vorpommern. Seitdem veranstaltet der Verein jeden Sommer mehrwöchige Wanderfahrten und kann sich über Nachwuchsmangel nicht beklagen: Von 65 Mitgliedern gehören gut ein Drittel der Jugendabteilung an. „Durch unsere Jugendarbeit entstehen ganz andere Bindekräfte als bei regatta- und leistungsorientierten Vereinen“, sagt Wolfgang Sawade.

Das Inselgrundstück des mehr als 100 Jahre alten Segelclubs ist nur per Fähre erreichbar. Zweimal in der Stunde setzt sie von Tegelort aus über. Auf Valentinswerder gibt es keine Straßen und keine Autos, bis vor kurzem fehlte auch Strom – aber das alles braucht man ja zum Segeln nicht. Außerdem entschädigen das Clubhaus im antiken Villenstil, die windgeschützten Bootsliegeplätze, die große, sonnige Rasenfläche auf dem Clubgelände und die Ruhe auf der Insel für alle Unannehmlichkeiten.

Der Verein ist regelmäßig beim An- und Absegeln in Berlin vertreten, und auch an Freizeitregatten nehmen die Mitglieder teil oder veranstalten selbst welche wie beispielsweise die „WWW – Wahre Weiber Wettfahrt“. Solche Initiativen sind gerade für kleinere Vereine wichtig. Denn nur etwa die Hälfte der Berliner Segler ist organisiert. Viele kaufen sich ein eigenes Boot, mieten einen Bootsstand und segeln privat am Wochenende – ganz ohne Vereinsbindung. Dann fehlen jedoch helfende Hände, wenn zum Beispiel ein Leck repariert werden muss. „Segeln ist ein zeitaufwändiges Hobby“, sagt Sawade. Hinzu kommen die Kosten für ein Boot und die Miete für Liegeplätze. In Vereinen werden Arbeiten am Boot gemeinsam erledigt, und auch Segler ohne eigenen Kahn können den Sport ausüben. Dennoch haben einige Vereine Probleme, genug Mitglieder zu rekrutieren. „In vielen Clubs fehlen junge Leute um die 30 fast völlig“, bedauert Sawade. Diese seien mit ihrem Lebens- und Familienaufbau beschäftigt und hätten für den Segelsport keine Zeit.

Dagegen kann sich die Jugend vom SCF-H eine Segelpause derzeit kaum vorstellen. Die Sonne am See, das Knistern des Windes in den Segeln, der gemütliche Ausklang eines Tages inmitten der Natur und die Segelfahrten in den Ferien sind Gründe genug, am nächsten Wochenende erneut auf die Fähre zu steigen.

Informationen im Internet:

www.scf-h.de

www.peter-robert.de

Vivien Leue

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