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Berlin: Die Justiz ist rechten Hooligans auf der Spur

Prozeß gegen zwei Randalierer wegen Übergriffen in PolenVON JENS ANKER BERLIN. Zum ersten Mal haben am Dienstag zwei Hooligans vor Gericht gestanden, die wegen des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen im Ausland angeklagt sind.

Prozeß gegen zwei Randalierer wegen Übergriffen in PolenVON JENS ANKER BERLIN. Zum ersten Mal haben am Dienstag zwei Hooligans vor Gericht gestanden, die wegen des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen im Ausland angeklagt sind.Die Hooligans sollen bei dem Fußball-Länderspiel Polen gegen Deutschland vor einem Jahr in Zabrze unter anderem den Hitler-Gruß entboten haben.Die beiden Männer wurden durch Fernsehaufzeichnungen überführt. Zu einem Urteil kam es vor dem Tiergartener Amtsgericht nicht, da das Gericht es versäumt hatte, einen Videorecorder zu beschaffen, um die Beweismittel der Staatsanwaltschaft zu zeigen.Der Richter hatte ursprünglich geplant, gar nicht in die Beweisaufnahme einzutreten, sondern den Fall vom Kammergericht klären zu lassen. Am 4.September 1996 war es während des Länderspiels zu Auseinandersetzungen zwischen Hooligans und der polnischen Polizei gekommen.Als die Nationalhymnen gespielt wurden, hatten Hooligans ein Transparent mit der Aufschrift "Schindler-Juden, wir grüßen Euch" ausgerollt und den Hitlergruß entboten.Außerdem sollen antisemitische Sprechchöre gegrölt worden sein.Einige der Randalierer wurden bereits in Polen zu Geldstrafen verurteilt.Die Ermittler konnten an Hand der Fernsehaufnahmen zwei weitere Männer identifizieren, die seit Dienstag vor Gericht stehen.Bei den beiden handelt es sich um 23- und 28jährige Männer, die der Polizei schon länger als Hooligans aus dem Umfeld des 1.FC Union bekannt sind.Vor Gericht wollten sie sich zu der Anklage nicht äußern. Mit dem Prozeß betritt das Gericht juristisches Neuland.Der Paragraph des Strafgesetzbuches, der das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verbietet, bezieht sich ausschließlich auf Taten, die im Inland verübt worden sind.Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft haben die Hooligans aber "mindestens billigend in Kauf genommen", daß die Randale über das Fernsehen millionenfach in deutsche Wohnzimmer flimmerte.Demnach, so der Ankläger, habe die Straftat zwar körperlich in Polen stattgefunden, sei aber auch in Deutschland anzuklagen.Bei einer Verurteilung drohen den Angeklagten Haftstrafen bis zu drei Jahren. Der Richter machte am ersten Verhandlungstag deutlich, daß er die Konstruktion der Staatsanwaltschaft für wenig tragfähig hält."Ich habe erhebliche Zweifel, ob dieses Verhalten - wenn die Vorwürfe stimmen - strafbar ist", sagte der Richter.Verächtliche Äußerungen, die dem Ansehen Deutschlands im Ausland schadeten, seien nicht zwangsläufig strafbar.Außerdem hätte dann auch gegen die Verantwortlichen der Fernsehanstalt ermittelt werden müssen, die das Länderspiel übertragen hatte. Nach dem Aufstieg von Hertha BSC in die Bundesliga gehen Polizei und Staatsanwaltschaft verstärkt gegen Berliner Hooligans vor.Auch Straftaten, die längere Zeit zurückliegen, würden bis zum Schluß energisch verfolgt, heißt es bei der Staatsanwaltschaft.Bei jedem Hertha-Heimspiel ist mindestens ein Staatsanwalt im Stadion, um Randalierer sofort dingfest zu machen.

JENS ANKER

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