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Berlin: „Die Kinder trifft es eher nach Silvester“ Was ein Unfallchirurg rund um den 31. 12. erlebt

Herr Professor Eisenschenk, Sie sind Chefarzt im Unfallkrankenhaus Berlin und seit 26 Jahren auf Replantationschirurgie spezialisiert. Silvester ist bei Ihnen Hauptsaison, oder?

Herr Professor Eisenschenk, Sie sind Chefarzt im Unfallkrankenhaus Berlin und seit 26 Jahren auf Replantationschirurgie spezialisiert. Silvester ist bei Ihnen Hauptsaison, oder?

Ja, von Anfang Dezember bis Ende Januar haben wir viele Patienten, die durch Böller verletzt werden. Die schweren Fälle werden dabei meist durch sogenannte Polen-Böller oder sogar durch selbst gebastelte Sprengkörper verursacht – so wie kürzlich bei dem neunjährigen Jungen, der in dieser Böllersaison der Erste war.

Wie viele schwere Fälle müssen Sie jedes Jahr behandeln?

Im vergangenen Jahr waren es 25. Dazu kommen rund 100 Leichtverletzte. Die Tendenz im Bereich der schweren Handverletzungen ist steigend. Im letzten Winter ist es vorgekommen, dass wir in zwei Sälen durchoperieren mussten. Die Patienten sind in der Regel junge Männer zwischen 18 und 30 Jahren, die mit gefährlichen Böllern experimentiert haben.

Und Kinder?

Die Kinder kommen eher nach Silvester. Nicht selten suchen sie nach Knallkörpern, die nicht explodiert sind, zünden dann die kurze Lunte.

Was sind es für Verletzungen, die sie dann operieren?

Die schwerste war letztes Jahr eine völlige Handamputation, wo die Hand zerfetzt war. Es gibt Fälle, bei denen die Mittelhand zerlöchert ist oder Finger fehlen. War der Knallkörper nah am Kopf, kommen auch zerstörte Trommelfelle, verbrannte Gesichtshaut und Augenverletzungen vor. Es gibt auch Fälle, bei denen Böller in der Hosentasche explodiert sind, was zu Genitalverletzungen, bis hin zur Zerstörung der Genitalien führen kann. Auch das hatten wir hier schon.

Wenn man Zeuge eines solchen Unfalls wird, was sollte man tun?

Man sollte einen Stoff nehmen, ein Hemd oder ein Handtuch, und die Hand darin einwickeln. Das schützt die Hand, die oft nur noch an dünnen Hautbrücken hängt. Dann sollte man den Notruf wählen und gucken, ob Finger zu finden sind, diese sollten ins Krankenhaus mitgenommen werden.

Haben Sie selber noch Spaß beim Böllern?

Ich beschränke mich lieber auf Raketen. Böller benutze ich gar nicht mehr.

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Andreas Eisenschenk
leitet als Chefarzt die Abteilung für Hand-, Replantations- und Mikrochirurgie am Unfallkrankenhaus Berlin in Marzahn.

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