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Berlin: Die Kunst der Seerosen

G. L. Gabriel hat den Botanischen Garten gemalt

Physikalisch lässt sich alles leicht erklären, trotzdem ist so ein Regenbogen en miniature stets aufs Neue eine kleine optische Sensation. Da läuft man, sagen wir, durch den Botanischen Garten, die Sonne strahlt im richtigen Winkel, die Gärtner haben ihre Rasensprenger angestellt, deren silbern glitzernde Wände malerisch vor dunklen Büschen hängen – und plötzlich taucht aus dem Schatten ein schillerndes Halbrund in Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett auf. Ein Schritt zu viel, und es ist verschwunden. Ein Schritt zurück, und es ist wieder da.

Solch ein Phänomen muss gerade eine Künstlerin interessieren, die einen Sommer lang den Botanischen Garten zu ihrem Hauptmotiv erklärt hat. Was nicht bedeutet, dass das Dahlemer Gartenparadies der Malerin G. L. Gabriel nicht seit langem vertraut gewesen wäre. Vier-, fünfmal pro Woche ist sie im Sommer dort gewesen, hat die den Tropen und dem Mittelmeerraum gewidmeten Glaspaläste skizziert, die riesigen Victoria-Seerosen besucht und auch den künstlichen Regenbögen nachgeforscht – Orte, die dieser Tagen auch das Abgeordnetenhaus beschäftigt haben: Es herrscht dringender Sanierungsbedarf.

Ab Sonnabend werden knapp zwei Dutzend ihrer Bilder des Botanischen Gartens in einer Ausstellung gezeigt – in der Züricher Galerie Ursula Wiedenkeller. Ihr ist die Künstlerin seit langem verbunden – ein auch geschäftlich erfreulicher Kontakt. Berliner Motive verkauften sich gut, berichtete die Galeristin, die sie zur Vorbereitung der Gabriel-Schau in die Stadt gekommen war, auch eine Potsdam-Serie habe ihre Käufer gefunden. Diesmal erhoffen sie und die Malerin sich besondere Aufmerksamkeit durch den Züricher Kunstherbst, der ausgesprochen botanisch geprägt ist. Bis Februar zeigt das Kunsthaus Zürich „Monets Garten“: 70 Gemälde, die der Impressionist in seinen drei Gärten geschaffen hat, allen voran dem berühmten in Giverny bei Paris, heute beliebtes Ziel nicht nur bei Kunstliebhabern, Vorbild für die Rekonstruktion des Liebermann-Gartens in Wannsee. Auch die Monet-Schau lockt offenbar nicht allein Kunstjünger. Der Botanische Garten Zürich jedenfalls setzte klar auf Synergieeffekte und präsentierte sich jetzt bei einer „Kunsthausnacht“ mit Pflanzen, die Monet oft gemalt hatte. Zur besseren Orientierung im botanischen Labyrinth erhielten die Besucher gleich noch Papierstreifen, versetzt mit neun Blumendüften.

Mit der Gabriel-Ausstellung entsteht nun, wenngleich ungeplant, ein Züricher Dreiklang der Pflanzen-Kunst. Wie schon das „Berlin-Bild V“ mit Kanzleramt und Reichstag , das die Malerin zur Tagesspiegel-Kunstserie „Berliner Blicke“ beisteuerte, sind die Bilder des Botanischen Gartens in der Schöneberger Hauptstraße entstanden. Am Anfang steht zwar die Natur, als Objekt des Betrachtens und Skizzierens. Aber die eigentliche Arbeit findet im Atelier statt, ein Suchen, Verändern, Variieren, in dessen Verlauf die Verbindung zur Natur sich lockert. So wölbt sich das Oval des Victoria-Beckens, als sei es durch ein Weitwinkel-Objektiv gesehen, ein Sinfonie in Blau und Grün, mit drei rosa Akzenten: Victoria - die Königin der Seerosen.

G.L. Gabriel, „Botanischer Garten Dahlem“, 20. Nov. – 19. Dez., Galerie Ursula Wiedenkeller, Neustadtgasse 2, Zürich

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