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Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (rechts, SPD) und Innensenator Frank Henkel (CDU)

© dpa/Soeren Stache

Die Landtagswahlen und die Abgeordnetenhauswahl: Die Lehren für den Wahlkampf in Berlin

Wenn es eine Botschaft des Wahlsonntags für die Wahl in Berlin im September gibt: Die Leute wollen wissen, was sie bekommen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Lorenz Maroldt

Reichlich ramponiert kommen die etablierten Parteien SPD, CDU und Grüne aus den drei Landtagswahlen heraus – auch wenn sie sich wie Ertrinkende an dem festklammern, was sie noch als Erfolg herausstellen können: die SPD am Ergebnis in Rheinland-Pfalz, die CDU am gerade-noch-Erreichen volksparteiähnlicher Größe, die Grünen an Kretschmann – doch in den Abgrund haben am Sonntag alle drei geschaut. Denn die dialektische Botschaft des Abends lautet: Die Parteien können sich nicht mehr auf die Wähler verlassen, weil sich die Wähler nicht mehr auf die Parteien verlassen können. Wofür die CDU in den Ländern steht, wofür die SPD, was die Grünen wollen – es ist nicht mehr klar zu erkennen.

Für Grüne und Linke ist das eine perfekte Ausgangslage

Mit dieser Vorgeschichte ziehen die Parteien jetzt in den nächsten Wahlkampf – den in Berlin. Hier scheint auf den ersten Blick einiges anders zu sein: Während bei den Landtagswahlen vom Sonntag die Wähler die bisherigen Koalitionen nahezu komplett abgewählt haben, schafft das in Berlin der Senat quasi von selbst. Er bittet geradezu um Erlösung.

Für diejenigen Oppositionsparteien, die ziemlich sicher ins nächste Abgeordnetenhaus einziehen werden, also Grüne und Linke, ist das eigentlich eine perfekte Ausgangslage. Doch was beide vermitteln, ist etwas anderes: Es scheint nur noch darum zu gehen, welche von beiden an der Seite der SPD regieren darf. Die Nominierungsveranstaltungen ausgerechnet am Wochenende der drei Landtagswahlen haben das deutlich gezeigt: Beide Spitzenkandidaten, Ramona Pop bei den Grünen, Klaus Lederer bei den Linken, ziehen mit einem halben Misstrauensvotum der Basis in den Wahlkampf. Wie anders als mit Überheblichkeit lässt sich das erklären? Allenfalls mit Verunsicherung über den eigenen Kurs. Wählen Sie selbst, was Ihnen sympathischer ist.

Die Berliner Grünen haben keinen Kretschmann, sie würden wohl nicht einmal einen haben wollen. Die Berliner Linken schwanken zwischen akademischem Sozialismus der internationalen Art und einem sozialistischen Nationalismus à la Wagenknecht. Dass sich der AfD-Erfolg in Brandenburg vor allem aus unzufriedenen Ex-Wählern der Linken speiste, spielt dort überhaupt keine Rolle. Und bei den Grünen ist nach dem Künast-Desaster beim letzten Mal offenbar die Demontage der eigenen Spitzenleute wieder Ehrensache.

SPD und CDU bedienen die Erwartungen ihrer traditionellen Anhängerschaft gar nicht mal so schlecht

Dennoch ist es möglich, dass eine Eruption ausbleibt – und das liegt ausgerechnet an den Koalitionsparteien, unabhängig vom Fortgang der Flüchtlingskrise. Denn dass der Senat auch an dieser Herausforderung der Verwaltung gescheitert ist, wird nicht zwangsläufig den Parteien angelastet, sondern ihrem Bündnis. SPD und CDU für sich wiederum bedienen die Erwartungen ihrer traditionellen Anhängerschaft gar nicht mal so schlecht, will heißen: einigermaßen erkennbar. Das erklärt die relative Stabilität in den Umfragen.

Doch auch hier wächst die AfD in den Umfragen stark, was kaum an ihr selbst liegt – der Berliner Landesverband ist nahezu unsichtbar. Wenn es eine Botschaft der Landtagswahlen gibt, die auch für Berlin gilt, dann diese: Die Leute wollen wissen, was sie bekommen. Ganz so, wie im richtigen Leben.

Unser Berlin-Wahlblog: Lesen Sie hier die Reaktionen aus Berlin am Tag nach den Wahlen.

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