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Berlin: „Die Leute lebten intensiver in Berlin“

Les Holroyd, Kopf der Band Barclay James Harvest, über den Einfluss der Stadt auf seine Musik

1978 schrieben Sie den Song „Berlin“, Anfang der Achtziger widmeten Sie der Stadt ein GratisKonzert und eine Platte. Jetzt findet sich auf Ihrem neuen Album eine „Berlin Suite“. Welche Bedeutung hat die Stadt für Sie?

Es gibt einige Plätze in Europa, an denen ich im Laufe meines Lebens ein ganz besonderes Gefühl gespürt habe, die mich inspiriert haben. Dazu gehören Orte wie Berlin, aber auch Wien oder München. Diese Städte haben eine einzigartige, historische und kulturelle Atmosphäre, die man sofort spürt, wenn man hier als Besucher ankommt. Und als Songwriter bediene ich mich bei diesen Impulsen.

Was ist denn für Sie das Besondere an Berlin?

Das ist schwer zu beschreiben. Ich denke, es war damals einfach eine ganz besondere Zeit, als ich das erste Mal da war, 1977. Damals war natürlich noch alles ganz anders, mit der Mauer, die die Stadt umgab. Und gleichzeitig war es eine so außergewöhnlich lebendige Stadt. Irgendwie lebten die Leute das Leben hier intensiver als woanders.

Was sind Ihre wichtigsten Erinnerungen?

Ganz herausragend ist natürlich das Konzert vor dem Reichstag 1980. Ich will mir diese Woche unbedingt den Reichstag angucken, vor dem wir damals gespielt haben. Ich war schon seit Mitte der Neunziger nicht mehr da, seit dem Regierungsumzug. Wir haben bei unserem Besuch diese Woche gerade genug Zeit für eine Stippvisite.

Was machte das Berliner Konzert von 1980 für Sie so bedeutend?

Es begann als Gratis-Konzert für unsere Berliner Fans und entwickelte sich dann unerwartet zum größten Open-Air-Konzert, das wir je gespielt haben. Und wohl auch zu einem der größten Open-Air-Konzerte, die je in Deutschland stattfanden. Wir hätten nie erwartet, jemals eine so große Menge von Menschen zu erreichen. Das hat unsere Wahrnehmung von uns selbst völlig verändert. Damals wurde ich mir erstmals richtig bewusst, welchen Einfluss wir auf unser Publikum hatten.

Auf Ihrem neuen Album „Revolution Days“ widmen Sie einen Song einer Berlinerin: Marlene Dietrich. Was bedeutet Sie Ihnen?

Schon als Kind habe ich Marlene Dietrich bewundert. Ich sah alle ihre alten Filme und sie ragte aus diesen ganzen Hollywood-Stars immer heraus als jemand ganz Besonderes. Vielleicht lag das an ihrer Geschichte, ihrer Cabaret-Vergangenheit in Berlin. Sie hat mich seit Kindertagen nicht mehr losgelassen.

Und was hat es mit Ihrer „Berlin Suite“ auf sich, von der der Dietrich-Song ein Teil ist?

Wir werden Teile davon in Berlin spielen. Der erste Teil wird wohl ein orchestraler Teil sein, der an unseren Song „Berlin“ anknüpft. „Marlene“ ist der letzte Teil. Und dazwischen gibt es einen Song, der ebenfalls stark von Berlin geprägt wurde: eine neue Version von „Life is for Living“.

Ihr großer Hit von vor zwanzig Jahren – ist das auch ein Berlin-Song?

Ja. Das Lied haben wir extra für das Berliner Konzert geschrieben. Vor dem Reichstag haben wir den Song zum ersten Mal gespielt.

Welchen Einfluss hatte die Stadt auf das Lied?

„Life is for Living“ spiegelt die Lebensfreude wieder, wie wir sie hier erlebt haben. Das kannten wir damals aus England nicht. Wir waren damals, 1977, zum Beispiel um weit nach Mitternacht am Kudamm unterwegs und haben draußen vor den Cafés Bier und Kaffee getrunken. Das war für uns eine ganz erstaunliche Erfahrung. Auch wollte dieser Lebensstil so gar nicht zum Rest des Landes passen, der Berlin umgab. Diese Nächte haben „Life is for Living“ inspiriert.

Das Gespräch führte Lars von Törn e

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