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Berlin: Die Liebe hat Vorrang in dieser Welt

Gottesdienst mit Musik in der Ölberg-Kirche

So dicht gedrängt wie die Brunchgäste im Sonnenschein der gastronomischen Vorgärten am Paul-Lincke-Ufer saß gestern die Ölberg-Gemeinde in ihrem Kirchlein in der Lausitzer Straße in Kreuzberg. Vor dem Gotteshaus viele Räder, im Vorraum etliche Kinderwagen und im reformatorisch schmucklosen Kirchenschiff fast nichts, wohin das Auge abschweifen kann.

Ganz aufs Zuhören ist die Ölberg-Kirche ausgerichtet, deren einzige Zierde gestern ein bunter Herbstblumenstrauß auf dem seitlich aufgestellten, ebenfalls schlichten Altar war. Trotz der Kargheit wurde es den Kirchgängern allen Alters dennoch schnell warm ums Herz – eröffnete doch Pfarrer Jörg Machel den Gottesdienst mit einem Kerzengebet.

Erst nur zögerlich, dann immer schneller standen dazu einzelne Gemeindemitglieder auf, um am Altar eine Kerze anzünden und laut zu sagen, was man von Gott erhoffe. Da bat eine Ältere um Hilfe für die große Veränderung, die ihr in ihrem Leben bevorstünde; eine junge Frau um Hilfe für eine Freundin, die ihr Kind weggegeben hat, weil sie der Verantwortung nicht gewachsen ist. Und eine Mutter mit einem Kleinkind auf dem Arm gedachte ihres Vaters, der in ein paar Tagen 70 Jahre alt geworden wäre.

Liebe erfüllte bei diesen anrührenden Kerzengebeten der Gemeinde den Raum, und um Liebe ging es auch in der anschließenden Predigt. Anhand des Markus-Evangeliums setzte sich der Pfarrer mit der Frage auseinander, welches das höchste Gebot von allen sei. „Der Herr, unser Gott, ist der Herr allein“, so habe Jesus dem Schriftgelehrten geantwortet. Er solle den Herren, seinen Gott, allein von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all seinen Kräften lieben. Und er hatte zugleich noch ein zweites wichtiges Gebot parat: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“

Genau dieses Dreieck aus Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe bestimme unseren Platz zwischen Himmel und Erde, führte Jörg Machel aus, zwischen diesen drei Punkten spanne sich unsere menschliche Existenz. Bei der gehe es nicht um sozialen Status, nicht um Götzen, die verführen und versklaven wollen, auch nicht um Egoismus und die Angst, zu kurz zu kommen. Nur im Spiegel der Liebe unserer Mitmenschen können wir uns auch selbst lieben. Liebe hat Priorität in dieser Welt – so die Botschaft des Gottesdienstes. Die Musik dazu gab der Ölberg-Chor und das Kammerorchester mit Auszügen aus Bachs h-Moll-Messe. „Nichts anderes wollte ich mit meiner Predigt sagen“, lobte danach der Pfarrer, „ich konnte es nur nicht so gut ausdrücken.“ hema

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