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Berlin: Die Liebe im Gericht

Das Davidoff Gourmet Festival im Interconti endete mit einem grandiosen Finale

Das Dessert war wirklich sensationell. Es kam zwar erst nachts um halb eins, aber das ist verziehen. Ein überaus würdiges Finale des im fünften Jahr seines Bestehens geschlagene sechs Wochen währenden Davidoff Gourmet Festivals. Der große Saal im Interconti hatte sich seiner Presseball-Dekorationen vom Vorabend dank vieler Überstunden bereits entledigt. Die Tische waren neu arrangiert und sehr schön gedeckt, mit blauen Tischdecken, auf denen goldene Kelche und Hummer lagerten und dicke grüne Kerzen mit der verführerischen Aufschrift Châteauneuf-du-Pape sieben Gänge lang langsam niederbrannten.

Das Dessert also, „Tapas Tristan“, war ein Heimspiel, vom hauseigenen Restaurant Hugos serviert, verantwortlich zeichnete aber nicht dessen Chef Thomas Kammeier, sondern Gerhard Schwaiger. Es bestand aus fünf Köstlichkeiten, die in kleinen Schnaps- und Wassergläsern und in einem Eierbecher aus Porzellan verteilt auf einem kleinen Tablett verteilt waren: Eine tief schokoladige Crema Catalana, ein durstroter Kaktusfeigensaft mit Kokoseis, marinierte Cassisfeigen mit Mandelschaum, spanische Kirschen mit Kirschsahne und extrem peppiger geeister Espresso mit Kaffeesahne. Das Essen war überall gut auf dem Gourmetfestival, na klar, das ist ja der Sinn der Sache. Aber in diesem Haus versteht man es einfach, in einem Gericht echte Liebe (zur Kunst) zu verstecken.

An zweiter Stelle wäre in einer persönlichen Hitparade „Tian von Meeresspinne, Avocado und Mandel auf geliertem Curryfond“ zu nennen, kreiert von dem jungen Wilden Tim Raue aus dem Restaurant 44 im Swissotel. Da jeder Gang in einer offenen Showküche exemplarisch einmal fürs Publikum zubereitet wurde, konnte man sich vorab schön vor der Spinne gruseln und außerdem noch lernen, dass Guacamole nicht braun wird, wenn man den Kern der Avocado hinein gibt. Dies war der erste Gang nach dem Amuse Bouche. Das bestand aus drei Teilen und man sollte es nach dem Wunsch des Koches von links nach rechts essen, weil man dann die Blutdrucksteigerung einer schönen Frau nachvollziehen könne. Das war aber kompletter Quatsch. Der Einstieg, Jakobsmuschel, Sashimi mit Yuzu Dressing war vielversprechend, der Höhepunkt lag eindeutig in der Mitte bei glutrot inszeniertem Thunfisch Tataki mit Ponzu, wohingegen die Nr. 3, Taku mariniert mit Soya und Sake eher etwas abschwingend daher kam.

Angesichts all der für den Laien nur schwer verständlichen Namen wirkte es richtig charmant, wie sich Interconti-Chef Willy Weiland erinnerte, vor 35 Jahre eine „Goldene Bratpfanne“ für seine Scholle „Helgoländer Art“ gewonnen zu haben. Galileo hatte schon Recht: Sie bewegt sich doch!

Überraschend hartes (aber schön hartes!) Safranrisotto mit gerösteten Gambas und geschmorten Strauchtomaten (Claudio Filippone, Vivaldi), auch das Schwarzwurzelfloß zum köstlich heißgeräucherten jungen Hahn war überraschend hart, aber sonst wäre es vielleicht auch nicht wasserdicht (Allan Schultz, Vau). Loup de Mer auf Oktopuspanaché mit karamelisiertem Kalbsbries versuchte, die alte Leier von „Surf and Turf“ modern zu intonieren (Martiniano Molina, Adlon), und der Rehrücken im Kräutercrêpe mit Wacholdersauce und Briocheknödel war eine wirklich würdige Vorgruppe fürs Dessert, denn er schmeckte so gut, dass man fast „lecker“ sagen möchte, wenn das nicht unter Gourmets streng verboten wäre.

Für ein kurzes Comeback war der frühere Schweizer Botschafter Thomas Borer-Fielding mit Frau Shawne eingeflogen, der überwiegend zwischen London, Zürich und Dallas pendelt. Es ging auf halb zwei zu, als die beiden endlich ein Foto vom kleinen Roman hervorkramten. Dann trank die stolze junge Mutter noch einen Schluck Champagner und schnappte sich ein Petit Four dazu. Dass sie dafür schon wieder Platz hatte! Die Mutterschaft scheint Wunder zu vollbringen.

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