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Berlin: Die Liebe und das Messer

Mildes Urteil für 20-Jährige, die Vater attackierte

Es war ein Streit, wie er eigentlich nicht außergewöhnlich ist zwischen Vater und Tochter. „Heute Abend gehst du nicht mehr runter zu deinem Freund“, machte der 57-jährige Mann deutlich und versperrte ihr den Weg. Er machte sich Sorgen. Obwohl Melanie B. damals bereits 20 Jahre alt war, konnte er nicht loslassen. Seine älteste Tochter wollte er immer besonders beschützen. Denn sie ist gehörlos. „Dann war da dieses Messer, ich nahm es und stach zu“, gestand die zierliche junge Frau gestern vor dem Landgericht.

Die kindlich wirkende Angeklagte mit blonden Zöpfen musste sich wegen versuchen Totschlags verantworten. Sie hatte Peter B. in der gemeinsamen Wohnung in Kreuzberg durch einen Stich in den Bauch lebensgefährlich verletzt. Zuvor hatten sie an jenem Abend im Mai vergangenen Jahres wieder einmal gestritten. „Er hat oft nicht verstanden, was ich wollte“, erklärte die Tochter im Gerichtssaal mittels einer Gebärdendolmetscherin. Was auch an der Verständigung gelegen habe. Der Mann, der eigentlich der Stiefvater ist, beherrscht die Gebärdensprache nur leidlich. Und es sei schwierig gewesen, wenn es um Jungs in ihrem Leben ging, sagte die Angeklagte.

Für die Tochter, die als Küchenhilfe arbeitet, war es damals offenbar die erste große Liebe. „Es hat geregnet, aber sie wollte bei dem Sauwetter noch runter“, sagte der Vater. Er erklärt sich den Angriff seiner Tochter heute so: „Da müssen die Hormone ein bisschen verrückt gespielt haben“, sagte er im Zeugenstand. Seiner Tochter hat er längst verziehen. Das Gericht ließ ebenfalls Milde gelten: Es ging von einer Tat im Affekt aus und verhängte eine Strafe von zehn Monaten Haft – auf Bewährung. K. G.

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