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Berlin: Die Liebe zur Maus

Als Kind hatte sich Geena Davis einen Spielgefährten wie Stuart Little gewünscht. Jetzt droht sie ihn mit ihrer übergroßen Mutterliebe aber schier zu erdrücken

Von Andreas Conrad

Man kennt solche Cartoons, manche Männer finden sie zum Piepen: Ein Hausfrau, die sich voller Panik auf einen Küchenstuhl geflüchtet hat und verzweifelt um Hilfe schreit; auf dem Fussboden nichts als ein unschuldiges Mäuslein, das keck nach oben starrt, fassungslos über das von ihr ausgelöste Entsetzen. Könnte das auch ihr, der Adoptivmutter des kleinen Stuart, passieren?

Geena Davis lacht, und jetzt könnte man natürlich versuchen, dieses Lachen einzuordnen, ob es nun einfach höflich ist oder herzlich, professionell oder ein reines Zeugnis ihres heiteren Gemüts. Gar nicht so einfach, gehen all diese Varianten ihres bereitwillig präsentierten Charmes doch nahtlos ineinander über, sind kaum auseinanderzuhalten, jedenfalls nicht in den zugebilligten 25 Minuten mit ihr allein in einer Suite des Four Seasons am Gendarmenmarkt.

Obwohl, genaugenommen sind es zum Schluss dann doch nur 20, was nicht, wie sonst üblich bei solchen Interviewmarathons, am zusammengebrochenen Zeitplan liegt, vielmehr daran, dass die schöne Geena einfach unerwartet knapp antwortet. Nein, nicht wortkarg, aber eben auch nichts Überflüssiges. Manchen Gesprächspartner muss es an diesem Nachmittag ähnlich ergangen sein, die im Terminplan hinten Platzierten wurden schon vor der Begegnung diskret darauf hingewiesen.

Doch zurück zur Maus, die noch immer in der Küche sitzt, nur steht eben Geena nicht zähneklappernd auf dem Stuhl. „Nein, glücklich über Mäuse im Haus bin ich natürlich nicht“, das gibt sie gerne zu. Und wenn sie mal welche im Haus hat, fängt sie die natürlich. Aber ganz sanft, lebend, und keinesfalls mit so einer brutalen Zuschnapp-Falle. Schließlich ist sie Stuarts Mutter.

Über ein halbes Jahhundert ist das Kinderbuch schon alt, das die Vorlage lieferte zu „Stuart Little“ vor zwei Jahren und dem zweiten Teil, der am Sonntag im Cine-Star am Potsdamer Platz seine Europa-Premiere feierte. „Das habe ich schon als Kind gelesen“, erzählt Geena, ergänzt noch rasch, dass sie sich damals immer gewünscht habe, eine sprechende Maus zu besitzen. Also war Stuart gewissermassen ihre erste Liebe? Dafür gibt es ein besonders glockenhelles Lachen.

Mittlerweile ist sie nun selber Mutter, seit vier Monaten. Töchterchen Alizeh („ein alter persischer “) schläft hoffentlich irgendwo in den Tiefen des Four Seasons. Wem sie im Erziehungsstil wohl mehr ähnle, der überbesorgten Mrs. Little, die von Stuart jede nur erdenkliche Gefahr abwenden will und ihm gar nichts erlaubt? Oder Mr. Little, der seinem kleinen Adoptivsohn die Freiheit, sich selbst zu finden und erwachsen zu werden, einräumt, auch wenn der Nager dabei mal auf sein Schnäuzchen fällt? Die Antwort ist klar: Mr. Little. Glückliche Alizeh.

Das Geheimnis des Erfolgs der Mäusegeschichte, deren erster Teil immerhin gut 300 Millionen Dollar eingespielt hat? Für Geena Davis zunächst mal die Maus selbst. Sprechende Tiere sehe das Publikum nun mal gerne, das sei geradezu unsere Natur, diese Lust an der Vermenschlichung. Und dann sei es eben toll, wie die Familie ihre Maus mit Respekt behandle, ihm ihre Würde lasse. „ Es macht nichts, wie du aussiehst – das ist eigentlich das Thema beider Filme.“

Die Dreharbeiten mit den Schauspielern waren schon im Juni 2001 fertig, lange vor dem 11. September. Aber dieser Tag spielt natürlich hinein, gleich in der Anfangsszene, einem Schwenk über die Skyline von Manhattan – ohne die Doppeltürme. Wann entschieden wurde, gerade damit zu eröffnen, weiß Geena Davis nicht. Aber es hat sie sehr berührt. Es sei hart, den leeren Himmel zu sehen, aber es sei mutig und wichtig gewesen, genau das zu zeigen. Denn nicht zuletzt sind doch beide Filme für sie eine Liebeserklärung an New York.

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