zum Hauptinhalt

Berlin: Die Linke kämpft ums Profil – und um Rot-Rot

Erstes Gespräch mit SPD „konstruktiv“, zweites Treffen vereinbart Grüne wollen bei Wowereit Misstöne der letzten Tage korrigieren

Von Sabine Beikler

Nach dem Schock kommt der Neuanfang. Geschwächt durch die Einbrüche in der Wählergunst, aber gestärkt durch eine Mehrheit ihrer Abgeordnetenhausfraktion und durch ihre Bezirksvorsitzenden verhandelte am Mittwoch die Führung der Linkspartei/PDS mit der SPD- Spitze darüber, ob die rot-rote Regierung fortgesetzt wird.

Nach dem gut zweistündigen Gespräch sagte SPD-Parteichef Michael Müller, die Atmosphäre beim Treffen im Büro des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit sei „offen und konstruktiv“ gewesen. PDS-Parteichef Klaus Lederer, der lächelnd aus Wowereits Büro kam, sagte, man habe „gründlich diskutiert“. Als Themen nannte Lederer Schulpolitik und Kitas sowie den Umgang mit landeseigenen Unternehmen. Beide sagten, man habe für die nächsten Tage ein weiteres Sondierungsgespräch vereinbart, bei dem unter anderem über staatlich geförderte Arbeitsplätze sowie über eine mögliche Ressortverteilung im Senat verhandelt werde. Gefragt, ob für den Wahlsieger SPD die Koalitionsoption dennoch weiterhin offen sei, verwies Müller auf das für den heutigen Donnerstag angesetzte Gespräch mit den Grünen. Danach wolle man die jeweiligen Parteien in die Diskussion über Regierungsmöglichkeiten einbeziehen.

PDS-Fraktionschef Stefan Liebich hatte zuvor angekündigt, das Sondierungsgespräch solle „ernsthaft“ geführt und „keine Alibiveranstaltung“ werden. Auch der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Dietmar Bartsch, forderte im Gespräch mit dem Tagesspiegel, die Chancen für eine Neuauflage von Rot- Rot „sehr ernsthaft“ und „ganz seriös“ auszuloten. In der neu gewählten Abgeordnetenhausfraktion der Linken war zuvor deutlich geworden, dass manchen in der Partei nach dem schlechten Abschneiden von 13,4 Prozent die Lust am Mitregieren vorübergehend vergangen ist.

Von den 23 gewählten Abgeordneten waren in der konstituierenden Sitzung am Dienstag vier dagegen, überhaupt mit der SPD über Koalitionsmöglichkeiten zu sprechen, hieß es. Beim Treffen der PDS-Bezirkschefs am späten Dienstagabend sprachen sich jedoch alle Teilnehmer dafür aus, es noch einmal mit der SPD zu versuchen. Der linke Flügel der Bundespartei riet, die Linke müsse sich bewusst sein, „dass auch Opposition wirkungsvoll Einfluss nehmen kann“. Ein „weitgehend bedingungsloses Mitregieren“ dürfe es nicht mehr geben, hieß es in einer Erklärung.

Im Gegensatz zur Linkspartei befürworten die Grünen geschlossen eine Regierungsbeteiligung. „Für eine Regierungsbeteiligung auf Bundesebene brauchen wir gute Ergebnisse bei Landtagswahlen. Auch eine rot-grüne Regierung in Berlin kann hilfreich sein“, sagte Bundestags-Fraktionschefin Renate Künast dem Tagesspiegel. Heute will die SPD- Spitze mit den Grünen sprechen. Teilnehmen werden die Grünen-Fraktionschefs Volker Ratzmann und Sibyll Klotz, die Landesvorsitzenden Till Heyer-Stuffer und Almuth Tharan sowie die Spitzenkandidatin Franziska Eichstädt-Bohlig. Man wolle die Misstöne der letzten Tage „atmosphärisch“ ausräumen, ist aus Grünen-Kreisen zu hören. Die SPD-Spitze hatte Grünen-Forderungen nach mehreren Ressorts als „anmaßend“ bezeichnet. Seite 10

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false