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Berlin: Die Marke Bewag hat ausgedient

Der Name des Berliner Stromerzeugers wird aufgegeben. Eigner Vattenfall will ein einheitliches Image

Und wieder verschwindet ein Berliner Traditionsname: Nach 122 Jahren ist Schluss mit der Bewag. Ab 1. Januar 2006 heißt das 1884 gegründete Unternehmen Vattenfall Europe Berlin, teilte Vattenfall am Mittwoch mit. Der schwedische Konzern hat die privatisierte Bewag 2002 übernommen, nun will er künftig auf dem Markt mit einheitlichem Namen auftreten: „Wir wollen durch eine Konzentration der Kräfte unsere Wettbewerbsposition in Deutschland stärken“, sagte der Vorstandsvorsitzende Klaus Rauscher. Dazu gehöre ein bundeseinheitliches Bild. Werbefachleute kritisierten gestern, für die Berliner gehe mit dem Namen ein Stück regionaler Identität verloren.

Die Bewag-Mitarbeiter wurden am Mittwoch über den Namenswechsel informiert. Für sie werde es keine Nachteile geben, sagte Vattenfall-Vorstandschef Rauscher. Auch ein wirtschaftlicher Einbruch sei durch den Wegfall des Traditionsnamens nicht zu befürchten. Man wolle weder Stellen streichen noch die Strompreise erhöhen. Langfristig verspricht die Konzernspitze sogar, sinkende Kosten bei der Stromproduktion an die Kunden weiterzugeben. Vattenfall ist nach RWE und Eon das drittgrößte Energieunternehmen in der Bundesrepublik.

Für die Bewag-Mitarbeiter und die Berliner stelle der Namenswechsel zwar einen „Einschnitt in die Geschichte“ dar, aber es müsse in neuen Dimensionen gedacht werden. Die Bewag war im Mai 1884 als erstes öffentliches deutsches Elektrizitätsversorgungsunternehmen unter dem Namen „Städtische Elektricitäts-Werke“, Aktiengesellschaft zu Berlin (A.G.StEW), von Emil Rathenau und Oskar von Miller gegründet worden.

Der schwedische Konzern hatte 2002 auch die Hamburger Elektricitäts-Werke (HEW) übernommen. Sie verlieren gleichfalls ihren Namen. Nicht alle sehen den Namenswechsel so positiv wie Vattenfall. Nach Einschätzung eines Werbefachmannes der Agentur Scholz&Friends hat der Begriff Bewag in Berlin für Vertrauen gestanden. Das Unternehmen habe jahrzehntelang Strom und Wärme geliefert. Mit dem Namen verschwinde für den Kunden ein Stück gewohntes Berlin, mit Vattenfall habe der Verbraucher keine emotionale Verbindung. Ob der Namenswechsel Bewag-Kunden so verärgern wird, dass sie den Stromanbieter wechseln, dazu wagt man bei Scholz&Friends keine Prognose. In Bewag-Kreisen ist man allerdings optimistisch: „Letztlich schauen die Kunden auf Preis und Qualität“, heißt es dort. Traditionsnamen vermögen Kunden zu binden, doch modernere Titel können auch neue Kundschaft bringen.

So zielt beispielsweise der von älteren Berlinern bedauerte Namensaustausch bei der alteingesessenen Supermarkt-Kette „Meyer&Beck“ auch auf die jüngere Kundschaft ab, die mit dem bisherigen Etikett wenig verbindet. Wie berichtet heißen die „Meyer&Beck“-Filialen seit dem letzten Besitzerwechsel „Mema“.

Die Aufgabe des Namens „Bewag“ hält der Generalsekretär der Berliner CDU, Gerhard Lawrentz, für eine „ausgemachte Schnapsidee“. Lawrentz: „Bloß weil Dr. Oetker Kindl gekauft hat, trink ich doch jetzt weiter Kindl und nicht Oetker-Bier.“ Der SPD-Bundestagsabgeordnete und frühere Weddinger Bezirksbürgermeister, Jörg-Otto Spiller, reagiert hingegen gelassen: „Bewag ist ein Stück Berlin, Vattenfall ein Stück Europa. Wichtig ist, dass der Geschäftssitz und die Arbeitsplätze erhalten bleiben.“

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