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Berlin: Die Medizinmänner vom Spandauer Damm

Das Tropeninstitut feiert heute mit einem Festakt sein 200-jähriges Bestehen/Auch Kaiser und Könige ließen sich hier impfen

Die Königskinder der Hohenzollern – der spätere Kaiser Wilhelm I. und sein Bruder Friedrich Wilhelm IV. – waren die ersten Berliner, die hier geimpft wurden: Am 2. Dezember 1802 gründete König Friedrich Wilhelm III. das „Königlich-Preußische Schutzblattern-Impfinstitut“, die erste staatliche Impfanstalt der Welt. Bis heute lebt sie fort, als Berliner Tropeninstitut. In einem Festakt blickt Ulrich Bienzle, Direktor des Tropeninstituts, heute auf die 200-jährige Geschichte der Einrichtung zurück.

Im Gründungsjahrzehnt beschäftigte der Kampf gegen die Pocken Ärzte und Wissenschaftler im Institut: 60 000 bis 80 000 Kranke starben im deutschsprachigen Raum jährlich an dem gefürchteten Virus. Kein Wunder also, dass König Friedrich Wilhelm III. auch die eigenen Kinder zum Impfen brachte. „Wahrscheinlich hat er selbst einmal die Pocken durchgemacht“, erklärt Tropenmediziner Ulrich Bienzle. „Und er wollte ein gutes Vorbild sein.“

Auch wenn mit der Angst vor Bioterrorismus die Diskussion um Pockenimpfungen wieder neu entfacht ist: Seit 1983 heißt das ehemalige Impfinstitut „Landesinstitut für Tropenmedizin“. Seine Hauptaufgabe ist der medizinische Reiseschutz. 18 000 Berliner pro Jahr rufen die Impfberatung an oder kommen in die Sprechstunde, um sich erklären zu lassen, welche Impfung für welches Reiseziel empfohlen wird. Malaria-Medikamente, Impfungen gegen Geldfieber und Hepatitis werden am häufigsten nachgefragt. Aber auch gegen regionale Krankheiten wie die Japanische Hirnhautentzündung lassen sich Reisende hier schützen. Insgesamt 27 000 Impfdosen ordern die Ärzte pro Jahr aus dem hauseigenen Depot. Und das Institut auf dem Gelände des Klinikums Westend, das größte seiner Art in Europa, verdient gut daran: 63 Prozent seiner Ausgaben erwirtschaftet es selbst – mit den Impfungen. Den Rest trägt das Land.

Bringt ein Urlauber trotz Vorbeugung eine Krankheit von der Reise mit, behandeln Institutsmitarbeiter die Patienten in der tropenmedizinischen Ambulanz oder, in schlimmen Fällen, auf der Isolierstation im Virchow-Klinikum. „1000 Malariafälle im Jahr gibt es in Deutschland“, sagt Bienzle. Aber der schwere Krankheitsverlauf, der bei Afrikareisenden auftritt, die wie der FDP-Politiker Günter Rexrodt nicht mit Medikamenten vorgebeugt haben, bleibt den meisten erspart. Von den extrem ansteckenden und tödlichen Infektionen ganz abgesehen. „Gelbfieber oder Ebola“, sagt Bienzle, „hatten wir hier noch nie.“

Melanie Ottenbreit

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